Essen. . Auch wenn „Hart aber fair“ zum Thema Ehec den Titel „Essen gefährdet Ihre Gesundheit - welchen Lebensmitteln kann man noch trauen?“ trug, so stand doch eher die „Rehabilitation der Gurke“ im Vordergrund.
Die Ehec-Epidemie war Frank Plasbergs Thema bei „Hart aber fair“. Hier zunächst die aktuellen Zahlen: Obwohl der Höhepunkt der Ehec-Welle überschritten zu sein scheint, gab es am Mittwoch ein weiteres Todesopfer. Ein 1920 geborener Mann war das 37. Opfer, das an einer Ehec-Infektion starb. Das Robert-Koch-Institut meldete 3244 Fälle von Ehec und dem Hämolytisch-Urämischen Syndrom (HUS) in Deutschland. In NRW haben sich seit dem Ausbruch vor einem Monat 346 Menschen mit dem Erreger infiziert.
Denn auch wenn „Hart aber fair“ am Mittwochabend den Titel „Essen gefährdet Ihre Gesundheit - welchen Lebensmitteln kann man noch trauen?“ trug, so stand doch eher die „Rehabilitation der Gurke“ im Vordergrund.
"Problem hochgeschaukelt"
„Ja, es gibt Tote durch Ehec. Aber andererseits sterben täglich genauso viele Menschen an multiresistenten Keimen in Krankenhäusern“, sagt da etwa Wissenschaftsjournalist Ranga Yogeshwar. Würde man ihm jetzt eine Schüssel Sojasprossen vor die Nase stellen, er würde sie essen. Schon zu diesem Zeitpunkt dürfte dem ein oder anderen Ehec-Betroffenen das Gemüse im Hals stecken geblieben sein.
Und weiter: „Ohne die Toten zu bagatellisieren – wir haben uns immer über die übervorsichtigen Amerikaner lustig gemacht, jetzt wird in Deutschland ein Problem wie Ehec hochgeschaukelt“, sagt Yogeshwar und spricht von einer Hysteriespirale. Die typische „German Angst“ sei das, ergänzt Plasberg. Offenbar sein Lieblingswort an diesem Abend.
Im Praxistest wird gezeigt, dass Mutige in der Fußgängerzone wieder Gurken, Tomaten und Salat essen oder „schon die ganze Zeit“ gegessen haben. Währenddessen darf der gründliche Gurkenbauer Gerhard Schulz an seinem Platz frische Gurken anrichten – um zu zeigen, dass das grüne Gemüse die gesamte Ehec-Krise über essbar war. „Ich hoffe, Frau Ministerin, dass wir hier heut’ zusammen eine Gurke essen“, sagt er zu Frau Ministerin Ilse Aigner – und erntet Lacher.
Informationswust
Die Fakten, die in der Sendung zusammengetragen werden, sprechen eine andere Sprache:
- Bio-Produkte schützen nicht vor Keimen, was man an dem Bio-Betrieb „Gärtnerhof“ im niedersächsischen Bienenbüttel sehen konnte, in dem der Erreger gefunden wurde.
- Auch das QS-Siegel, mit dem in Deutschland geprüfte Lebensmittel ausgezeichnet werden, und das Bauer Schulz mehrfach in der Sendung lobt, schützt nicht vor zuvor unbekannten Keimen. Als dynamisches System kann es erst jetzt um den Ehec-Keim erweitert werden, erklärt Lebensmittelexperte Armin Valet.
- Nach wie vor empfiehlt der Experte, keine Sprossen zu essen.
- Dagegen gibt er ein klares „Ja“ für pasteurisierte Milch und volle Entwarnung für selbstgezogenes Gemüse. Fragen, die Frank Plasbergs Zuschauern offenbar auf den Nägeln brennen.
- Sternekoch Alexander Herrmann sagt, er entscheide oft nach Sympathie, bei welchem Landwirt „mit Herz“ er sein Gemüse kaufe. Für die Otto-Normal-Köchin ein „nicht immer ganz durchführbarer“ Tipp, gibt er zu.
- Spüllappen sind schmutzig, ungewaschene Hände verbreiten Keime, und sogar Ärzte waschen sich manchmal nicht ordentlich. Und das, obwohl der Hygiene-Standard in Deutschland enorm hoch ist.
- Und: Klärschlamm und Gülle verunreinigen das Trinkwasser.
Ein Wust von Informationen, zu der selbst Verbraucherministerin Ilse Aigner nicht mehr viel einfällt. Zumindest hatte sie zuvor noch die Chance, die Notwendigkeit ihrer viel kritisierten Verzehrwarnung zu betonen. Auch Ex-Umweltministerin in NRW, Bärbel Höhn, stimmt zu: „Wir als Politiker haben die Pflicht, vor so etwas zu warnen.“ Der Ehec-Keim sei eben auch ein besonders aggressiver Erreger. Dann essen Aigner und Höhn ein Stück Gurke.
Auch wenn Frank Plasberg mehrfach „nach der Krise“ sagte oder zur „Nach-Ehec-Phase“ ansetzte (und sich korrigiert: „Ach nein, wir sind ja noch immer mittendrin...“), so einfach lässt sich der Erreger nicht wegdiskutieren. „Die Gurke ist gegessen.“ Das stimmt, Herr Plasberg. Aber die Sprosse eben noch nicht. Und so lange sollte man die Sorgen der Verbraucher noch ernst nehmen.