Kiew.. Der Katastrophen-Reaktor von Tschernobyl erhält eine neue, dauerhafte Stahlhülle gegen die radioaktive Strahlung. Die internationale Gemeinschaft zahlt insgesamt 550 Millionen Euro, Deutschland beteiligt sich mit 42,4 Millionen Euro.
Wenige Tage vor dem 25. Jahrestag des Atomunglücks im ukrainischen Tschernobyl hat die internationale Gemeinschaft mehr als eine halbe Milliarde Euro für den Bau eines neuen Schutzmantels zugesagt. Es seien 550 Millionen Euro zusammengekommen, sagte der französische Premierminister François Fillon am Dienstag nach einer Geberkonferenz in Kiew. Deutschland will sich mit 42,4 Millionen Euro am Bau der neuen Stahlhülle beteiligen.
„Diese Konferenz war ein wahrer Durchbruch“, sagte der ukrainische Präsident Viktor Janukowitsch bei einer gemeinsamen Pressekonferenz mit Fillon, der als amtierender Präsident der G-8 den Ko-Vorsitz in Kiew inne hatte. In seiner Eröffnungsrede hatte Janukowitsch der internationalen Gemeinschaft gedankt, dass sie die Ukraine mit dem Reaktorunglück nicht allein lasse. „Die Katastrophe des Kraftwerks von Tschernobyl hat eine tiefe Wunde hinterlassen, mit der die Ukraine noch viele Jahre wird leben müssen“, sagte Janukowitsch.
20 000 Tonnen Stahl
Fillon hatte auf der Konferenz, an der Vertreter von mehr als 50 Ländern teilnahmen, zunächst die Zahl von 575 Millionen Euro genannt. Für die Fertigstellung eines neuen dauerhaften Schutzmantels über dem am 26. April 1986 zerstörten Reaktor sind eigentlich rund 740 Millionen Euro nötig. Die 108 Meter hohe Stahlhülle mit einem Gewicht von 20.000 Tonnen soll auf Schienen über den nach dem Unglück errichteten Sarkophag gefahren werden. Dieser hatte jüngst repariert werden müssen, nachdem er brüchig geworden war.
EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso, der im Namen der EU-Kommission 110 Millionen Euro zusagte, lobte den Gipfel als eine „machtvolle Demonstration der Einheit“. Der Unfall im japanischen Atomkraftwerk Fukushima habe erneut die Gefahren der Atomenergie in Erinnerung gerufen, sagte Barroso. Deutschland, das mit Umweltstaatssekretär Jürgen Becker vertreten war, sagte 42,4 Millionen Euro Hilfsmittel zu. Die USA versprachen 86 Millionen Euro, Frankreich 47 Millionen Euro, Russland 45 Millionen Euro und Großbritannien 32,5 Millionen Euro.
Lagestätte für Brennstäbe
Mit dem Geld soll auch der Bau einer sicheren Lagerstätte für verbrauchte Brennstäbe finanziert werden. In dem wenige Kilometer von der weißrussischen Grenze entfernt gelegenen Reaktor, der im Zuge eines außer Kontrolle geratenen Experiments explodiert war, befinden sich immer noch radioaktive Brennstäbe und Magma. Die Projekte werden von der Europäischen Bank für Wiederaufbau und Entwicklung verwaltet. Diese hatte zuvor bereits mehr als 1,1 Milliarden Euro internationale Hilfsmittel gesammelt.
Am Dienstagnachmittag stand in Kiew eine Konferenz zur zivilen Nutzung der Atomenergie auf dem Plan. Es wurde erwartet, dass die Reaktorkatastrophe im japanischen Fukushima im Mittelpunkt der Beratungen stehen würde. Nach Aussage von Barroso wollte sich die Konferenz für strengere Sicherheitsstandards im Rahmen der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEA) einsetzen. (AFP)