Hamburg. . Shell hat sich gegen die Skepsis gegenüber dem neuen Kraftstoff E10 etwas einfallen lassen. Kunden können sich gegen mögliche E-10-Schäden versichern lassen. Doch wie nützlich ist eine solche Versicherung wirklich?
Vor über einem Monat gab Shell den offiziellen Startschuss. Seither wird der neue Super-E10-Kraftstoff an den Shell-Tankstellen eingeführt. Doch weil die Autofahrer bei Shell wie auch bei anderen Tankstellen den neuen Bio-Kraftstoff massenhaft umfahren, hat sich der Konzern jetzt etwas einfallen lassen: Shell bietet zusammen mit der FV Deutsche Familienversicherung AG seinen Kunden eine neue E-10-Versicherung an. „Wir möchten unseren Kunden Sicherheit geben“, erklärte Jörg Wienke, Leiter des Shell Tankstellengeschäftes am Dienstag in einer Pressemitteilung.
Die neue Versicherung funktioniert so: Jeder, der bei Shell mindestens 30 Liter des E10-Kraftstoffes tankt, kann die Versicherung abschließen. Sie ist kostenlos. Versichert sind jedoch nur Wagen, die laut Herstellerangaben (DAT-Liste) den neuen Kraftstoff vertragen. Die Versicherung läuft 18 Monate und gilt grundsätzlich nur für Wagen, die ab 1996 zugelassen wurden.
Versicherte müssen überwiegend bei Shell tanken
Soweit so gut. Tritt der Schadensfall ein, muss der Autobesitzer jedoch nachweisen, dass er überwiegend bei Shell getankt hat und ein Gutachter muss den unmittelbaren Schaden durch E10 bestätigen. Überwiegend heißt in diesem Fall: 80 Prozent der Tankmenge muss der Versicherte bei Shell gezapft haben.
Der ADAC bezeichnet die Versicherung daher als reinen „Marketing-Gag“. Sprecher Georg Hölzl sagte gegenüber DerWesten: „Die Autofahrer sind damit gezwungen, vor allem bei Shell zu tanken“. Auch Verbraucherschützer lassen kein gutes Haar an der Idee: „Die Versicherung ist überflüssig und unsinnig“, sagte der Sprecher des Bundesverbandes der Verbraucherzentralen (Vzbv), Christian Fronczak.
Für den ADAC und Verbraucherzentrale steht außerdem fest: Es wird schwer sein, den E10-Schaden eindeutig nachzuweisen. Laut den Versicherungsbedingungen muss zunächst eine Fachwerkstatt den E10-Schaden als solchen identifizieren. Erst dann schaltet Shell auf eigene Kosten einen Dekra-Gutachter ein. Sollte die Werkstatt jedoch zu einem anderen Ergebnis kommen, bleibt dem Versicherten nur der Gutachter auf eigene Rechnung. Zudem wird nur der unmittelbare Schaden, der durch E10 entstanden ist, ersetzt.
Tüv: Eineindeutige Schadenszuweisung fraglich
Auch beim Tüv Rheinland ist man skeptisch. „Wir haben noch keinerlei Erfahrungen mit E10-Schäden“, sagte Hans-Ulrich Sander, anerkannter Sachverständiger. „Eine eineindeutige Zuweisung ist fraglich.“ Bei der Dekra, die potenzieller Auftragnehmer der Versicherung ist, sieht man die Sache weniger skeptisch: „Es wird zwar Abgrenzungsfälle und Unsicherheiten geben aber man kann sicher eine vernünftige Eingrenzung des Schadens machen“, sagte ein Dekra-Sprecher.
Für Hölzl vom ADAC ist die Versicherung jedoch lediglich ein Versuch, das Vertrauen in den neuen Kraftstoff und damit den Absatz zu fördern. Daraus macht auch Shell kein Geheimnis. „Ziel von Shell ist, der Verunsicherung der Kunden entgegenzuwirken und damit die Akzeptanz für E10 in Deutschland zu steigern“, heißt es in der Erklärung.
Viel Erfolg gibt Hölzl diesem Versuch dennoch nicht. „Die Versicherung wird die Skepsis der Autofahrer nicht wesentlich bessern.“ Auch die Verbraucherzentrale beklagt, dass die Versicherung noch mehr Unruhe bringt als Sicherheit: „Warum sollte ich mich gegen etwas versichern, was doch angeblich sich ist“, so Fronczak.
Hölzl begrüßt dagegen die von den deutschen Autoherstellern gegebene E10-Garantie. Diese bringe mehr in punkto Vertrauensaufbau. Christian Fronczak geht noch einen Schritt weiter: „Wir brauchen endlich eine rechtsverbindliche Garantieerklärung der Hersteller.“