Essen.. Wer aus Angst vor der Atom-Katastrophe jetzt Japan rasch verlassen will, muss für Flugtickets horrende Preise zahlen. Zwischen 1000 und 8000 Euro werden aktuell für einen einfachen Flug nach Deutschland verlangt. Nutzen Fluglinien die Notlage vor Ort aus?
Sie wollte weg, nur noch weg aus Japan. Und das wurde teuer für die Recklinghäuserin Jill Schlaak. Fast 1500 Euro hat die 24-jährige am vergangenen Sonntag zahlen müssen - für einen einfachen Flug „in der Holzklasse“ von Tokio über Abu Dhabi nach London, zwei Tage später. Normalerweise bekommt man so einen Flug für 500 Euro. Wucherpreise wirft die Studentin deshalb den Fluglinien vor: „Die nutzen die Not-Situation aus“.
Dabei war Schlaaks Flug noch vergleichsweise billig. Wer in Buchungsportalen aktuell nach einer möglichst raschen Rückflugmöglichkeit für die nächsten Tage sucht, findet Angebote für bis zu 8000 Euro. Für einen einfachen Flug in der Economy-Klasse, mitunter mit zweimaligem Umsteigen. Jill Schlaak hatte bereits am vergangenen Sonntag beobachtet: „Bei der Lufthansa hätte ein ähnliches Ticket zur selben Zeit, als ich nach einem Flug gesucht hatte, schon 4400 Euro gekostet“.
Die Fluglinien weisen den Wucher-Vorwurf zurück. „Wer kurzfristig bucht, zahlt immer etwas mehr“, sagt etwa Florian Gränzdörffer, Sprecher der Lufthansa. Und bei der Luftlinie All Nippon Airways (ANA) versichert ein Sprecher: „Wir haben das Preisgefüge nicht verändert.“
Ist das Flug-Angebot zu gering?
Beim Buchungsportal Fluege.de glaubt Sprecher Konstantin Korosides jedoch, dass die Fluglinien sehr wohl etwas gegen die hohen Preise tun könnten. „Die Preislage zeigt, dass eindeutig zu wenig Flugzeuge in Japan sind“, meint er: Ist die Nachfrage hoch und das Angebot knapp steigen die Preise. Bei der Lufthansa sieht man das Flugangebot allerdings als ausreichend an: „Wir sehen keine Ausreisewelle“, sagt Sprecher Gränzdörffer. Allerdings seien die Flüge aus Japan (bei der Lufthansa täglich drei) derzeit „sehr gut ausgelastet“. Das Angebot könnte kurzfristig ausgeweitet werden, erklärt Gränzdörffer: „Wir sind für Sonderflüge gerüstet“. Falls das Auswärtige Amt diese anfordern sollte.
Deutlicher wird die Situation nach Recherchen der Nachrichtenagentur Reuters zurzeit bei Charterflügen. „Ich habe in dieser Woche eine Anfrage gehabt, 14 Leute von Tokio nach Hongkong zu fliegen. Der Preis war ihnen egal - am Ende waren es mehr als 160.000 Dollar“, zitiert die Agentur einen Manager des Unternehmens Hong Kong Jet. „Ein Charterflug von Tokio nach Australien liegt derzeit bei 265.000 Dollar - 20 Prozent mehr als üblich.“ Die Begründung: Viele Großflughäfen in Japan sind noch geschlossen und Treibstoff ist knapp. Das treibt die Preise für Charterflüge - als Flüge auf Bestellung - mit kleinen und mittelgroßen Jets in astronomische Höhen.
1500 Euro für einen Flug von Tokio nach Peking
Laut Fluege.de steuern derzeit noch 20 Fluglinien die Flughäfen von Tokio an. Die Lufthansa fliegt seit Dienstag nur noch Osaka und Nagoya an. Rückflüge von dort sind nicht auffallend billiger als von Tokio. Laut dem statistischen Bundesamt sind Japan-Flugtickets im Februar generell um 11 Prozent teurer gewesen als im gleichen Vorjahresmonat. Das war vor der Tsunami-Katastrophe in Japan. Die Werte für März sind allerdings erst Mitte April verfügbar
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Den Fluglinien Preiswucher vorzuhalten, ist schwer zu begründen. Es gibt Anzeichen dafür: So kostet ein rascher Rückflug aus Bangkok - der etwa zwei Stunden kürzer als ein Tokio-Flug ist - der Preisübersicht im Internet nach aktuell um 390 Euro. Die billigste Verbindung von Tokio war mit dem gleichen Abflugdatum (am 17.3. gebucht für den 19.3.) laut www.swoodoo.de für 1075 Euro zu bekommen. Auch aus Peking würde ein kurzfristiger Flug nach Deutschland derzeit deutlich unter der 1000-Euro-Marke liegen. Für den Flug von Japan nach Peking wiederum sind günstigstenfalls 1500 Euro zu zahlen.
Mehr Zeit - günstigere Preise
Wer der Bedrohung noch trotzt und abwartet, kommt günstiger aus Japan weg: Ein Rückflug am 31. März kostet laut swoodoo.de aktuell 591,52 Euro mit der russischen Linie Aeroflot, über Moskau nach Frankfurt/Main. Auch die All Nippon Airways bietet im Vergleich zum Preis für einen kurzfristigen Abflug fast Schnäppchen-Niveau, wenn man sich in Japan noch zwei Wochen geduldet: 804,95 Euro kostet die Verbindung nach Deutschland. Wenn man einen Trick anwendet, wie ANA-Sprecher Matthias Burkard vorschlägt: „Hin- und Rückflüge sind meist billiger als ein One-way-Ticket“. Den Rückflug nach Japan kann man ja verfallen lassen.
Wer in den nächsten Tagen Japan verlassen will und Hin- und Rückflug bucht, kann tatsächlich ein paar Euro sparen. Im Fall des teuersten Angebots sogar etwa 2000 Euro. In diesem Fall würden die betreffenden Tickets (Tokio-München-Tokio) zusammen allerdings immer noch 6500 Euro kosten. Abflug diesen Samstag.