Berlin. . Die Staatsanwaltschaft ermittelt in der Plagiatsaffäre gegen den Ex-Minister. Ihm droht eine Freiheitsstrafe von bis zu drei Jahren. CSU-Chef Seehofer geißelt unterdessen CDU-Kritiker.

Die Plagiatsaffäre von Ex-Minister Karl-Theodor zu Guttenberg wird ab sofort auch auf der juristischen Bühne verhandelt. Wie Reiner Laib, Oberstaatsanwalt in Hof, gestern bestätigte, wird im Zusammenhang mit der in weiten Teilen abgeschriebenen Doktorarbeit jetzt ein offizielles strafrechtliches Ermittlungsverfahren eingeleitet.

Laut Laib liegen der Behörde inzwischen 90 Strafanzeigen vor. Vorrangig werde „wegen des Verdachts eines Verstoßes gegen den Urheberschutz ermittelt“, sagte Laib, „aber wir prüfen auch andere mögliche Straftatbestände“.

Straßenumfrage zu Guttenberg-Rücktritt

"Ich bin froh, dass ein Betrüger zurückgetreten ist. Guttenberg hat bis zuletzt immer noch gelogen. Mich hat geärgert, dass er vor den Kameras erklärt hat, dass er das alles nicht mit Absicht gemacht habe. Er dachte, damit würde er durchkommen." Robin Hau, 30, aus Regensburg © WAZ FotoPool
"Wenn Guttenberg nicht zurückgetreten wäre, wäre er in seiner politischen Arbeit nicht weitergekommen. Anfangs fand ich diesen strammen Manager, der durchgreifen kann, gut. Doch dann hat er im Falle des Kapitäns der Gorch Fock vorschnell gehandelt." Alfred Nern, 79, aus Essen. © WAZ FotoPool
"Wir sollen unseren Kindern Wertgefühle vermitteln. Daher ist es gut, dass er zurückgetreten ist. Allerdings kam dieser Schritt zu spät. Hätte er gleich reinen Tisch gemacht, hätte er bessere Chancen gehabt, wieder einen Job zu finden." Hans-Jürger Fiedler, 63, aus Oberhausen © WAZ FotoPool
"Nach dem was vorgefallen ist, ist es die richtige Konsequenz, dass er diesen Schritt gemacht hat. Um so ein bisschen seinen Stolz, wenn er den denn noch hat, zu wahren. Ich finde es nicht in Ordnung, dass Angela Merkel ihn so lange unterstützt hat." Brigitte Held (57) aus Essen © WAZ FotoPool
"Guttenberg ist ein Lügenbaron, weil er bei der Doktorarbeit so viele betrogen hat. Eine Doktorarbeit spielt schon in das Amt des Verteidigungsministers hinein, der Rücktritt war richtig. Nicht richtig ist, dass Merkel ihn so lange unterstützt hat." Hedwig Fonger, 57, aus Essen © WAZ FotoPool
"Guttenberg hat sich zu spät von seiner Doktorarbeit distanziert. Der Rücktritt war nur eine Frage der Zeit. Trotzdem glaube ich, dass seine Doktorarbeit nichts mit seiner Arbeit als Verteidigungsminister zu tun hat." Antje Korte (40) aus dem Kreis Wesel © WAZ FotoPool
"Auch ein Herr Guttenberg kann nicht meinen, nur weil er Freiherr ist, dass er sich einen Doktortitel erschwindeln kann. Jeder normale Bürger wäre schon längst zurückgetreten." Bernhard Großbröhmer, 65, aus Essen © WAZ FotoPool
"Guttenberg ist schon durch sein exponiertes Verhalten aufgefallen. Er hat zunächst auch mich überzeugt. Aber dann m usste ich doch feststellen, dass als das, was er sagte, mehr oder weniger Luft war. Er war ein Selbstdarsteller." Walter Schroeder (59) aus Essen © WAZ FotoPool
"In unserer Gesellschaft wird den Fehlern von Menschen oder Politikern wenig verständnis entgegengebracht wird. Es war damit zu rechnen, dass er zurücktritt, aber nur, weil so viel Druck gemacht worden ist." Bettina Duda (26) aus Recklinghausen © WAZ FotoPool
"Ich finde es ein Unding, dass das mit seiner Doktorarbeit rausgekommen ist. Das hätte schon vor Jahren passieren müssen. Dass er jetzt wegen so einer Lappalie zurücktreten muss, ist nicht richtig. Er ist zu diesem Schritt gezwungen worden." Johanna Gerber (21) aus Berlin © WAZ FotoPool
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Die Dauer der Untersuchungen ist offen. „Wir konnten bisher nur Quellen zusammentragen, weil Herr zu Guttenberg als Parlamentarier bis dato Immunität genoss“, sagte Laib. „Ab sofort gehen wir in medias res“. Guttenberg hatte gestern sein Bundestagsmandat niedergelegt.

Welche Aussagekraft die Hofer Behörde den internen Einschätzungen der Universität Bayreuth beimessen wird, ist laut Laib noch nicht absehbar. Das Magazin „Stern“ berichtet, dass eine Kommission der Universität, an der Guttenberg 2006 den ihm inzwischen aberkannten Doktortitel erworben hatte, dem Politiker Täuschung vorwirft.

Stabwechsel vollzogen

„Was Guttenberg gemacht hat, ist Täuschung im Sinne dessen, was die Verwaltungsgerichte bislang geurteilt ha­ben“, zitiert das Magazin ein Mitglied der Uni-Kommission.

Reaktionen auf Guttenbergs Rücktritt

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    Oberstaatsanwalt Laib sagte, die strafrechtliche Bewertung seiner Behörde stimme bislang nicht mit dem überein, was die Uni Bayreuth angegeben habe. Aber man stehe mit den Ermittlungen noch am An­fang. Sollten die Er­mitt­lungen zu einer Anklage und zu einer Verurteilung führen, droht dem Ex-Minister laut Laib eine Geldstrafe von bis zu 360 Tagessätzen oder eine Freiheitsstrafe von bis zu drei Jahren. Guttenberg selbst erhielt gestern von Bundespräsident Christian Wulff seine Entlassungsurkunde. Danach wurde der Stabwechsel zum neuen Minister Thomas de Maizière vollzogen.

    CSU-Chef Horst Seehofer will nach dem Abgang Guttenbergs unionsintern keine Ruhe geben. Er warf Bundestagspräsident Norbert Lammert und Bildungsministerin Annette Schavan vor, sie seien dem früheren Minister mit ihrer öf­fentlichen Kritik in den Rücken gefallen. Lammert nannte die Plagiatsaffäre einen „Sargnagel“ für das Vertrauen in die Demokratie. Schavan hatte in einem Interview eingestanden, dass sie sich als Wissenschaftlerin für Guttenbergs Doktorarbeit „nicht nur heimlich“ schäme.

    Seehofer verlangte nun ein klärendes Vier-Augen-Gespräch mit CDU-Chefin Merkel und lobte Guttenberg als einen der „genialsten Köpfe“ der CSU, der das Zeug habe, sein Nachfolger zu werden.