Mailand.. Italienische Staatsanwälte haben einen Prozess gegen Ministerpräsident Berlusconi beantragt. Der Regierungschef solle sich wegen einer Sexaffäre mit einer Minderjährigen vor Gericht verantworten. Die Staatsanwaltschaft forderte einen umgehenden Beginn des Verfahrens.

Die Mailänder Staatsanwaltschaft hat einen Prozess gegen Italiens Regierungschef Silvio Berlusconi wegen der Affäre um eine minderjährige Prostituierte beantragt. Die Staatsanwaltschaft forderte am Mittwoch nach eigenen Angaben ein entsprechendes Verfahren gegen den Ministerpräsidenten. Berlusconi werden Amtsmissbrauch und sexuelle Beziehungen zu einer Minderjährigen vorgeworfen.

Die Mailänder Staatsanwaltschaft will den italienischen Ministerpräsidenten Silvio Berlusconi wegen bezahlten Sex mit einer Minderjährigen und Amtsmissbrauchs in einem Schnellverfahren anklagen. Das teilte die Strafverfolgungsbehörde am Mittwoch mit. Der zuständige Richter hat nun etwa fünf Tage Zeit, um über den Antrag zu entscheiden. Bei Annahme könnte dem 74-Jährigen innerhalb weniger Monate der Prozess gemacht werden. Berlusconi, der im Parlament nur über eine hauchdünne Mehrheit verfügt, bestreitet die Vorwürfe.

Die Staatsanwaltschaft kann sofort Anklage erheben, wenn sie glaubt, ausreichend Beweismaterial zu besitzen. Das sonst übliche Vorverfahren entfällt dann. Berlusconi streitet die Vorwürfe ab. Im Fall einer Verurteilung könnte ihm eine mehrjährige Haftstrafe bevorstehen.

Pikante Details über wilde Sexpartys

Ob es zu einer Anklage gegen den Ministerpräsidenten kommt, liegt nun in der Hand eines Mailänder Richters. Eine Entscheidung wird innerhalb der nächsten zwei Wochen erwartet. In den vergangenen Jahren geriet Berlusconi immer wieder in Konflikt mit der italienischen Justiz, der er politische Motive für das Vorgehen gegen ihn vorwirft. Im aktuellen Fall geht es allerdings erstmals um sein Privatleben und nicht um seine Geschäfte als einflussreicher Medien-Unternehmer.

Konkret geht es um Berlusconis Beziehung zu einer marokkanischen Nachtklubtänzern mit dem Spitznamen „Ruby“. Italienische Medien veröffentlichten in den vergangenen Wochen zahlreiche pikante Details über wilde Sexpartys in verschiedenen Villen des Regierungschefs. Ein Teil der Informationen war abgehörten Gesprächen zwischen Frauen entnommen, die an den Partys teilgenommen hatten.

Amtsmissbrauch aus Angst vor Aufdeckung

Die Staatsanwaltschaft wirft Berlusconi vor, auf einer der Partys die 17-jährige „Ruby“ für Sex bezahlt zu haben. Als diese später unter dem Verdacht eines Diebstahls festgenommen wurde, soll er seinen Einfluss genutzt haben, sie aus Polizeigewahrsam zu holen. Der Ministerpräsident habe befürchtet, in einem Ermittlungsverfahren gegen die Frau könnte seine Beziehung zu ihr enthüllt werden. „Ruby“ wurde schließlich freigelassen.

Berlusconi bezeichnete das Vorgehen der Behörden am Mittwoch als „widerlich und beschämend“. „Ich frage mich, wer für diese Aktivitäten, die aus meiner Sicht einzig umstürzlerische Ziele verfolgen, am Ende geradestehen wird“, sagte er vor Journalisten in Rom. Der Fall beleidige die „Würde des Staates“, sagte Berlusconi. Vor dem Mailänder Gericht demonstrierten mehrere Anhänger des Regierungschefs gegen das Vorgehen der Staatsanwaltschaft, viele von ihnen schwenkten italienische Fahnen.

Beweislage überwältigend

In Italien ist es ein Straftatbestand, für Sex mit einer minderjährigen Frau zu bezahlen. Die Mailänder Staatsanwaltschaft will einen sofortigen Prozess gegen den Regierungschef, weil das Beweismaterial gegen ihn nach ihrer Einschätzung überwältigend ist. In einem solchen Fall ist es ihr möglich, auf eine vorherige Anhörung zu verzichten. Sowohl Berlusconi als auch die inzwischen volljährige „Ruby“ bestreiten allerdings, gemeinsam Sex gehabt zu haben.

Das mögliche Strafmaß liegt in diesem Anklagepunkt zwischen sechs Monaten und drei Jahren. Deutlich gefährlicher könnte Berlusconi Experten zufolge der Vorwurf des Amtsmissbrauchs werden. Hierfür ist in Italien eine Haftstrafe bis zu zwölf Jahren möglich.

Anhänger Berlusconis sagen, der Ministerpräsident habe interveniert, weil er damals geglaubt habe, die Marokkanerin sei eine Nichte des ägyptischen Präsidenten Husni Mubarak. Anwälte Berlusconis bestehen zudem darauf, dass der Fall nicht in Mailand verhandelt werden dürfe, sondern in den Zuständigkeitsbereich eines Sondergerichts falle, das eigens für mutmaßliche Vergehen von Amtsträgern geschaffen wurde. Die Staatsanwaltschaft hält dagegen, dass der Gesetzesverstoß von Berlusconi nicht während der Ausübung seiner Amtspflichten begangen worden sei. (Reuters/dapd/afp)