Essen. . Weiblich, gebildet, im Beruf erfolgreich und dazu noch ein Kind. Wie das geht und wie hart, aber lustig, das alles ist, schreibt Autorin Anette Dowideit in “Mein Job, mein Baby, mein Chef, mein Mann und ich“.

Mehr Kinder braucht das Land! Und das natürlich am besten in einem ausgewogenen Mischverhältnis, sprich: Gerade gut ausgebildete, berufstätige Mütter sollen Nachwuchs bekommen. Dafür brauchen sie auch gar nicht lange im Job ausfallen. SPD-Generalsekretärin Andrea Nahles und Familienministerin Kristina Schröder von der CDU machen es uns vor: Kind gebären, einmal kurz den schwangerschaftsgebeutelten Körper recken und strecken und ab zurück in den Beruf. So zumindest der Plan.

Ja, es ist möglich, nach nur wenigen Wochen Mutterschutz wieder arbeiten zu gehen. Aber es ist verdammt anstrengend. Das beweist uns (gut ausgebildeten und berufstätigen Frauen) Wirtschaftsjournalistin Anette Dowideit in “Mein Job, mein Baby, mein Chef, mein Mann und ich“. Hinter dem publikumswirksamen Titel mit Hollywood-Anleihen steckt ein Handbuch, das nicht nur Ratgeber sein will, sondern gleich als Überlebenstraining für berufstätige Mütter daherkommt.

Die nicht-schwangere Leserin (oder der Leser) mag kurz aufseufzen. Hatten wir das nicht schon mal? So ähnlich bestimmt. Aber nicht so witzig.

Selbstironisch und überraschend politisch unkorrekt beleuchtet die Reporterin bei der Zeitung “Die Welt / Welt am Sonntag” und Mutter zweier Kleinkinder das Leben zwischen Büro und Butterkeksen. In mehr als 150 Stichworten von A wie Abendtermine (endlich mal keine Nudeln mit Soße!) bis Z wie Zahnwehkügelchen (Ökoeltern-Hokuspokus) zeichnet sie pointiert typische Situationen, in denen der berufstätigen Mutter der Geduldsfaden zu reißen droht.

Und das sind ganz schön viele: Morgens vor der Arbeit, wenn die ganze routinierte Planung - aufstehen um sechs, duschen, schminken, Haushalt, Kinder fertig machen, Abfahrt - an einer der tausend Kleinigkeiten scheitert, die das Leben mit Kindern so spannend machen. Volle Windeln und Wespenstiche sind da vermutlich nur illustrierende Beispiele.

Im Büro geht der Stress weiter: Die Kollegen sind neidisch auf die viele Freizeit (die Kollegin Mama derweil mit heulenden Kindern verbringt), während der Chef schon insgeheim über mögliche Nachfolger sinniert. Zum Glück lassen sich so manche Erziehungsstrategien vom Kinderzimmer aufs Büro übertragen.

Hilfe vom Ehemann ist nicht zu erwarten

Berufstätigen Frauen mit Kinderwunsch nimmt Dowideit augenzwinkernd und doch ziemlich radikal die rosa-plüschigen Illusionen: Die Kinder essen ausschließlich Nudeln und Weißbrot, auf Nörgelattacken folgen Wutanfälle, Kitaplätze sind rarer als niveauvolles Programm im Privatfernsehen, an Ordnung in der Wohnung ist nicht zu denken, geschweige denn an eine gute Figur oder gar Sex. Hilfe vom Ehemann oder der eigenen Mutter ist nicht zu erwarten. Stattdessen kann es notwendig sein, das Genörgel der Schwiegermutter hartnäckig zu ignorieren. Genau so wie modernen Großstadt-Schnick-Schnack wie Babyccino (überteuerte aufgeschäumte Milch im Café) oder Yoga für Babys. Das ist nur was für Vollzeit-Mütter.

Womit Dowideit beim zentralen Dilemma aller berufstätigen Mütter angekommen ist: dem schlechten Gewissen, “und das ständig: weil dein Kind fremdbetreut wird, während du arbeiten gehst; weil der Nachwuchs anstatt selbst pürierter Möhrchen meistens Gläschenbrei bekommt; deine Wohnung aussieht wie Sau; du ständig irgendwelche Abgabetermine bei der Arbeit verpasst; und du trotz allem doch keine Zeit hast, mit deinem Stöpsel zweimal die Woche in die musikalische Früherziehung zu gehen.”

Kinderfuß im Mund akzeptieren

Letztlich wird das Erkenntnisinteresse bestimmen, ob die Lektüre des Handbuchs trotz allem dazu ermutigt, Kinder in diese Welt zu setzen (und dann mit ihnen fertig zu werden) oder die persönliche Entscheidung für Nachwuchs endgültig in den Negativ-Bereich treibt. Anette Dowideit jedenfalls rät an keiner Stelle ihres Ratgebers von Kindern ab. Zum Glück für ihre eigenen entsteht auch nicht der Eindruck, sie würde Sohn und Tochter demnächst ins Kinderheim abschieben wollen. So sei es eben, das Leben mit Kindern. Wer es sich wünscht, müsse den Kinderfuß im Mund akzeptieren, während man versucht, wichtige E-Mails zu beantworten, müsse dem Termindruck standhalten, die Tränen beim Zähneputzen genauso ertragen wie das Geschrei im Supermarkt… und die Zeit genießen. Vielleicht lässt sich hinterher ja ein ähnlich amüsantes Buch darüber schreiben.

So ist das “Überlebenstraining für beruftätige Mütter” entstanden:

Anette Dowideit: “Mein Job, mein Baby, mein Chef, mein Mann und ich”, Orell Füssli Verlag, 170 Seiten, gebunden, 19,90 Euro, Erscheinungsdatum: 16. Februar 2011.