Bochum. Wegen Steuerhinterziehung hat das Bochumer Landgericht den früheren Post-Chef Klaus Zumwinkel zu einer Bewährungsstrafe von zwei Jahren verurteilt. Damit folgte das Gericht dem Antrag der Staatsanwaltschaft. Die Richter verdonnerten Zumwinkel zudem zu einer Zahlung von einer Million Euro.
Der frühere Post-Chef Klaus Zumwinkel ist wegen Steuerhinterziehung zu einer Haftstrafe von zwei Jahren auf Bewährung verurteilt worden. Die Richter verhängten am Montag gegen den 65-jährigen Ex-Manager zudem eine Geldauflage in Höhe von einer Million Euro - zahlbar bis Ende des Jahres. Damit folgte das Gericht dem Antrag der Staatsanwaltschaft. Die Verteidigung hatte ein deutlich niedrigeres Strafmaß gefordert, hatte aber keine genauen Angaben gemacht.
Die Richter sahen es als erwiesen an, dass Zumwinkel zwischen 2001 und 2006 Einnahmen aus einer von ihm selbst, 1986 in Liechtenstein gegründeten Stiftung den Finanzbehörden verschwiegen hat. Daraus entstand ein Steuerschaden von 1,18 Millionen Euro. Länger zurückliegende Finanzdelikte sind strafrechtlich nicht mehr relevant. Nach Erkenntnissen der Ermittler hatte Zumwinkel insgesamt 21 Jahre lang Steuern hinterzogen.
"Lebensleistung" deutlich geschmälert
Dieser Umstand floss in die Urteilsbegründung von Richter Wolfgang Mittrup ein: Zumwinkel habe "dauerhaft und mit krimineller Energie" Steuern hinterzogen. Das habe seine "Lebensleistung deutlich geschmälert". Und es sei unklar, warum er das "ohne Not" getan habe, so Mittrup: "Allein mit dem Streben nach mehr Reichtum ist das wohl nicht zu erklären." Zumwinkel habe seine "Vorbildfunktion", die er als Spitzenmanager von einem der wichtigsten deutschen Unternehmen innehatte, nicht erfüllt.
Der Richter kritisierte den Medienrummel anlässlich der Verhaftung Zumwinkels: Dass die Medien aufgrund einer Indiskretion von dem Termin wussten, sei nicht hinnehmbar. Die anschließende Berichterstattung über den Fall habe Zumwinkel dagegen "als Person der Zeitgeschichte hinzunehmen".
Zumwinkel hatte am Donnerstag vergangener Woche vor Gericht ein Geständnis abgelegt. Die Hinterziehung der Einkommenssteuer sei "der größte Fehler meines Lebens gewesen", hatte Zumwinkel gesagt und hinzugefügt: "Zu diesem Fehler stehe ich und übernehme die volle Verantwortung."
Ankläger: "Er wusste genau, was er tat"
Das Gericht folgte sowohl im Strafmaß als auch in der Begründung weitgehend der Anklage: Oberstaatsanwalt Gerrit Gabriel hatte Zumwinkel vorgeworfen, das er die Steuerhinterziehung über eine 1986 in Liechtenstein gegründete Stiftung in hohem Maß geplant habe. "Zumwinkel wusste sehr genau, was er da tut", sagte Gabriel in seinem Plädoyer: So habe Zumwinkel mit der Stiftung die Verwendung von Codewörtern vereinbart, zudem habe er darauf bestanden, dass bei Telefonaten keinerlei Namen genannt werden. Dabei, so Gabriel, habe Zumwinkel das alles gar nicht "nötig gehabt". Zumwinkel wäre auch nach der ordnungsgemäßen Zahlung der Steuern "noch reich gewesen". "Der Gedanke an das Wort Gier liegt nahe", so der Oberstaatsanwalt.
Strafmildernd wirke sich aus, dass Zumwinkel noch am Tag der Verhaftung ein umfassendes Geständnis abgelegt und eine "erhebliche Kooperationsbereitschaft" gezeigt habe. Zudem sei die ausstehende Steuerschuld umgehend beglichen worden. Insgesamt habe der Angeklagte mittlerweile 3,9 Millionen Euro an Steuern nachgezahlt. Gegen eine schärfere Bestrafung spreche außerdem das Alter des Angeklagten und dessen "unbestrittene beachtliche Lebensleistung", so Oberstaatsanwalt Gabriel.
"Mediale Hinrichtung"
Zumwinkel führte seit 1990 die damalige Deutsche Bundespost, die er im Jahr 2000 als Deutsche Post AG an die Börse brachte. Er genoss hohes öffentliches Ansehen und gehörte zu den Beratern der Bundesregierung in Wirtschaftsfragen. Vor knapp einem Jahr war der Spitzenmanager in Verdacht geraten, Steuern hinterzogen zu haben.
Die Behörden hatten sein Haus in einem Kölner Villenviertel durchsucht. Zumwinkel musste sein Amt als Vorstandschef der Post und seine Aufsichtsratsmandate unter anderem bei der Deutschen Telekom aufgeben.
Sein Anwalt Hanns Feigen nannte die Umstände von Zumwinkels Verhaftung "eine mediale Hinrichtung". Die Bilder des Postchefs bei der Verhaftung in seiner Villa hätten erheblich zur Vorverurteilung seines Mandanten beigetragen, so Feigen. Diese Bilder seien für alle Zeiten in den Archiven - die Reputation Zumwinkels sei zerstört. Dabei habe der Manager "ein Unternehmen mit Milliardenumsätzen" gebildet. "Er hat sich um dieses Land in hohem Maße verdient gemacht. Daran wird auch dieses Strafverfahren nichts ändern", so der Anwalt.
Zumwinkel selbst nutzte die Chance des letzten Wortes vor der Urteilsverkündung nicht. Er sagte lediglich: "Ich schließe mich den Ausführungen an."
Noch nicht aus dem Schneider
Auch im Falle einer Bewährungsstrafe ist Zumwinkel juristisch noch nicht aus dem Schneider: Die Staatsanwaltschaft Bonn hat wegen der Spitzelaffäre bei der Telekom ein Auge auf den ehemaligen Aufsichtsratsvorsitzenden geworfen. Ihre Untersuchungen dauern noch an. Sollte er in diesem Prozess ebenfalls schuldig gesprochen werden und eine weitere Freiheitsstrafe erhalten, dann könnte es eng werden mit der Bewährung.
Von der Million Euro, zu deren Zahlung Zumwinkel verpflichtet wurde, gehen 800.000 an den Fiskus, 40.000 Euro gehen an die Aktion "Deutschland hilft", 40.000 an die Kinder- und Nothilfe, jeweils 25.000 an WWF Deutschland, eine Behinderten-Organisation, an die Krebshilfe, an die Bodelschwinghschen Anstalten und 20.000 Euro an die Straffälligenhilfe. (mit rtr und ddp)
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