Brüssel . . Patienten sich können sich in Zukunft einfacher als bisher im europäischen Ausland behandeln lassen. Das bestimmt die neue EU-Richtlinie, die am Mittwoch in Straßburg die letzte Hürde genommen hat. Vorher sollte die Übernahme der Kosten geklärt sein.

Patienten sich können sich in Zukunft einfacher als bisher im europäischen Ausland behandeln lassen. Das bestimmt die neue EU-Richtlinie, die am Mittwoch in Straßburg die letzte Hürde genommen hat. Vorher sollte die Übernahme der Kosten geklärt sein.

Die medizinische Behandlung im europäischen Ausland soll einfacher werden – das ist der Grundgedanke des neuen EU-Gesetzes zur Patientenmobilität. Am Mittwoch stimmte das Europaparlament in Straßburg mit großer Mehrheit einem entsprechenden Gesetzesvorschlag zu. Doch ob die Hüft-OP jenseits der Grenze eine Alternative zum Krankenhaus vor Ort bietet, bleibt auch in Zukunft eine Frage des Geldbeutels.

Dass Patienten sich grundsätzlich auch im europäischen Ausland behandeln können, hat der Europäische Gerichtshof in mehreren Urteilen bestätigt. Deutschland hat die Vorgaben aus Straßburg in nationale Gesetze umgesetzt, dort wird sich deshalb wenig ändern. Patientenverbände und Politiker erwarten durch das EU-Gesetz für Deutschland vor allem mehr Rechtssicherheit.

Risiken bleiben

Risiken bleiben allerdings, meint der Verbraucherzentrale Bundesverband (VZBV). In Frage komme die Behandlung im EU-Ausland vor allem für den Zahnersatz: „Der ist in Deutschland recht teuer und auf 20 bis 50 Prozent der Kosten bleibt man ohnehin sitzen“, sagt VZBV-Gesundheitsexpertin Ilona Köster-Steinebach. Daher lohne sich oft der Gang über die Grenze, etwa nach Polen – zumindest finanziell. Denn wenn die Leistung im Ausland nicht den Erwartungen entspreche, sei es auch schwieriger, dort sein Recht einzufordern.

Zudem müssen Patienten die Kosten der Behandlung vorstrecken. Bei Privatpatienten ist das Standard, für Kassenpatienten gilt es für Auslandsbehandlungen. So sieht es auch die neue EU-Richtlinie vor. Der Patient kenne das Abrechnungsniveau im Zielland nicht, das sei oft komplex und schwer nachvollziehbar, warnt Köster-Steinebach. Jenseits von planbaren Standardbehandlungen wie Knie- oder Hüftoperationen werde es haarig. Auf der Kostendifferenz zur Pauschale im Heimatland bleiben Kassenpatienten sitzen. „Wir werden eine starke soziale Selektion haben“, erwartet Köster-Steinebach.

Kostenübernahme absprechen

Privatpatienten begeben sich auf noch dünneres finanzielles Eis, erklärt Lars Gaschke vom VZBV. Zwar ist der Leistungskatalog der privaten Krankenversicherungen größer. Aber „es gibt keinen einheitlichen Standard, was in der privaten Krankenversicherung drin ist.“ Die Verbraucherzentralen empfehlen deshalb sowohl Privat- als auch Kassenpatienten dringend, vorher mit dem Versicherer eine spätere Übernahme der Kosten abzusprechen.

In Anspruch nehmen werden die Auslandsbehandlung wohl die wenigsten. Nur ein Prozent der Patienten lässt sich derzeit nach Angaben der EU-Kommission im EU-Ausland versorgen – und das schließt Urlauber ein. Am ehesten dürften Bürger in ärmeren Ländern mit weniger entwickelten Gesundheitssystemen profitieren. Doch diese werden die höheren Kosten im Ausland auch am wenigsten aufbringen können. Bis die EU-Länder die neuen Vorgaben umgesetzt haben, kann es mehr als zwei Jahre dauern.