Düsseldorf. .
Als Konsequenz aus dem Dioxin-Skandal hat Ilse Aigner deutlich mehr Kompetenzen für ihr Ministerium bei der Futtermittelkontrolle gefordert. Niedersachsens Umgang mit dem Skandal sei „ein Skandal“.
Als Konsequenz aus dem sich ausweitenden Dioxin-Skandal hat Bundeslandwirtschaftsministerin Ilse Aigner deutlich mehr Kompetenzen für ihr Ministerium bei der Futtermittelkontrolle gefordert. „Gegenwärtig verbietet es mir das Grundgesetz, die Kontrollpraxis zu kontrollieren“, sagte die CSU-Politikerin der „Bild am Sonntag“. Sie wolle es jedoch nicht länger hinnehmen, dass „der Bund politisch haftbar gemacht“ werde, sobald es in einem Bundesland zum Skandal komme.
Am Freitagabend waren nach einem neuen Dioxin-Verdacht in Niedersachsen 934 Höfe gesperrt worden. Ein Futtermischunternehmen aus Damme, das dioxinbelastete Fette vom Futterfetthersteller Harles und Jentzsch bezogen hat, soll nach Angaben des niedersächsischen Landwirtschaftsministeriums seine Lieferungen nicht vollständig offengelegt haben. Die betroffenen Bauernhöfe wurden deshalb erst jetzt gesperrt.
Etwa zehn Tage lang gerieten belastete Produkte, insbesondere Eier deshalb in den Handel, vermutet das Ministerium. Den Angaben zufolge sind unter anderem 110 Legehennenbetriebe, 403 Schweinemastbetriebe und 248 Ferkelmastbetriebe betroffen. Von dem Mischfutterhersteller in Damme sind offenbar auch Futtermittellieferungen nach Nordrhein-Westfalen, Brandenburg und Bayern gegangen.
Skandal im Skandal
Aigner warf dem Land schwere Versäumnisse vor und forderte Ministerpräsident David McAllister (CDU) zum konsequenten Durchgreifen auf. „Das ist ein Skandal im Skandal“, sagte sie am Wochenende in Berlin. Kritik übte sie insbesondere an der Tatsache, dass ihr bei ihrem Besuch im niedersächsischen Landesamt am Freitag der Vorfall „verschwiegen“ worden sei. Erst am Samstagmorgen habe sie davon erfahren. Die Ministerin forderte deshalb auch personelle Konsequenzen. Konkrete Namen nannte sie aber nicht.
Der nordrhein-westfälische Verbraucherschutzminister Johannes Remmel (Grüne) warf Aigner „politisches Angstbeißen“ vor. Zuerst tauche sie ab, dann relativiere sie das Ausmaß des Skandals und nun fordere sie personelle Konsequenzen, wo es um ihren Kopf gehe. „Aigners Aktionismus ist unsouverän“, sagte Remmel. In NRW war am Samstag ein weiterer Betrieb im Kreis Minden-Lübbecke gesperrt worden.
Auch McAllister reagierte mit Unverständnis auf die Kritik aus Berlin. Der Ministerpräsident wies die Vorwürfe zurück und sagte: „Jetzt geht es darum, dass wir in der Sache voran kommen. Dafür müssen die Verantwortlichen von Bund und Ländern weiterhin vertrauensvoll zusammen arbeiten.“ Dieses Thema sei viel zu ernst für parteipolitische Spielereien und auch für gegenseitige Schuldzuweisungen zwischen den Ebenen. „Wir haben die Lage im Griff“, betonte er. Die verantwortlichen Behörden arbeiteten kompetent und zügig.
Vorsatz oder grobe Fahrlässigkeit
Niedersachsen hat nach Bekanntwerden des jüngsten Dioxin-Verdachtsfalls die Staatsanwaltschaft eingeschaltet, da von Vorsatz oder grober Fahrlässigkeit ausgegangen wird. Ermittler der Polizei und des Landesamtes für Verbraucherschutz durchsuchten am Samstag mehrere Zweigstellen des Futtermischunternehmens im Landkreis Vechta. Laut Landwirtschaftsministerium wäre der Betrieb „gesetzlich verpflichtet“ gewesen, die Lieferlisten komplett mitzuteilen. Stattdessen habe er aber nur einen Teil der von ihm belieferten Betriebe offen gelegt. Aufgefallen sei das bei Nachkontrollen durch das Landesamt am Freitagabend, sagte Sprecher Gert Hahne. (dapd)