Köln. .

SPD-Fraktionschef Steinmeier hat die umstrittene Agenda 2010 seiner Partei verteidigt. Beim Bundeskongress des Deutschen Beamtenbundes sagte er am Dienstag, der heutige Aufschwung sei letztlich „die Dividende“ der rot-grünen Bundesregierung.

SPD-Fraktionschef Frank-Walter Steinmeier hat zeitgleich zur sozialdemokratischen Klausurtagung in Berlin mit deutlichen Worten die in der SPD hart umstrittDene Agenda 2010 der Regierung Schröder verteidigt und sie als Voraussetzung dafür bezeichnet, dass das Land ohne große Blessuren aus der Wirtschaftskrise herauskommen konnte.

„Das war kein Glasperlenspiel“ , sagt er auf der Jahrestagung des Deutschen Beamtenbundes in Köln. Der heutige Wirtschaftsaufschwung sei „die Dividende erfolgreicher Struktureformen“, die die damalige Bundesregierung nach 1998 angepackt hätte. „Damals hatten wir die rote Laterne in Europa“. Es sei ein „ehrgeiziges Programm“ gewesen, mit dem auch „staatlicher Spielraum für politisches Gestalten erkämpft wurde“.

Chance zur Vollbeschäftigung gegeben

Steinmeiers Weg

Frank-Walter Steinmeier wurde 1956 als Sohn eines Tischlers und einer Fabrikarbeiterin in Detmold geboren.
Frank-Walter Steinmeier wurde 1956 als Sohn eines Tischlers und einer Fabrikarbeiterin in Detmold geboren. © AP
Seit 1995 ist er mit der Verwaltungsrichterin Elke Büdenbender verheiratet. Die beiden haben sich während des gemeinsamen Jurastudiums kennengelernt. Sie haben eine Tochter.
Seit 1995 ist er mit der Verwaltungsrichterin Elke Büdenbender verheiratet. Die beiden haben sich während des gemeinsamen Jurastudiums kennengelernt. Sie haben eine Tochter. © ddp
Frank-Walter Steinmeier gehört der evangelisch-reformierten Kirche an und wohnt in Berlin-Zehlendorf.
Frank-Walter Steinmeier gehört der evangelisch-reformierten Kirche an und wohnt in Berlin-Zehlendorf. © AFP
Nach seinem Abitur in Blomberg (1974) und seiner Wehrdienstzeit (1974-1976) studierte Steinmeier Rechts- und Politikwissenschaften an der Justus-Liebig-Universität in Gießen.
Nach seinem Abitur in Blomberg (1974) und seiner Wehrdienstzeit (1974-1976) studierte Steinmeier Rechts- und Politikwissenschaften an der Justus-Liebig-Universität in Gießen. © AP
Er bestand beide juristische Staatsexamen und arbeitete anschließend als wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Uni Gießen. 1991 promovierte er zum Dr. jur. mit der Arbeit „Bürger ohne Obdach – zwischen Pflicht zur Unterkunft und Recht auf Wohnraum; Tradition und Perspektiven staatlicher Intervention zur Verhinderung und Beseitigung von Obdachlosigkeit“.
Er bestand beide juristische Staatsexamen und arbeitete anschließend als wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Uni Gießen. 1991 promovierte er zum Dr. jur. mit der Arbeit „Bürger ohne Obdach – zwischen Pflicht zur Unterkunft und Recht auf Wohnraum; Tradition und Perspektiven staatlicher Intervention zur Verhinderung und Beseitigung von Obdachlosigkeit“. © AP
Schon als Schüler trat Steinmeier den Jungsozialisten bei. Seit November 1975 ist er SPD-Mitglied.
Schon als Schüler trat Steinmeier den Jungsozialisten bei. Seit November 1975 ist er SPD-Mitglied. © AP
Gemeinsam mit der ehemaligen Justizministerin Brigitte Zypries gehörte Frank-Walter Steinmeier während seiner Studienzeit zur Redaktion der linken Quartalszeitschrift
Gemeinsam mit der ehemaligen Justizministerin Brigitte Zypries gehörte Frank-Walter Steinmeier während seiner Studienzeit zur Redaktion der linken Quartalszeitschrift "Demokratie und Recht" (DuR). "Demokratie und Recht" gehörte zu dem von der DDR unterstützten Pahl-Rugenstein-Verlag, der unter Beobachtung des Verfassungsschutzes stand. © AP
1991 wurde Steinmeier Referent für Medienrecht und Medienpolitik in der niedersächsischen Staatskanzlei.
1991 wurde Steinmeier Referent für Medienrecht und Medienpolitik in der niedersächsischen Staatskanzlei. © AFP
1993 übernahm er hier die Leitung des persönlichen Büros von Ministerpräsident Gerhard Schröder. Ein Jahr später stieg er zum Leiter der Abteilung für Richtlinien der Politik, Ressortkoordinierung und -planung auf.
1993 übernahm er hier die Leitung des persönlichen Büros von Ministerpräsident Gerhard Schröder. Ein Jahr später stieg er zum Leiter der Abteilung für Richtlinien der Politik, Ressortkoordinierung und -planung auf. © AP
Als Gerhard Schröder 1998 zum Bundeskanzler gewählt wurde, folgte ihm Steinmeier nach Bonn. Im November 1998 berief ihn Schröder zum Staatssekretär im Bundeskanzleramt und Beauftragten für die Nachrichtendienste.
Als Gerhard Schröder 1998 zum Bundeskanzler gewählt wurde, folgte ihm Steinmeier nach Bonn. Im November 1998 berief ihn Schröder zum Staatssekretär im Bundeskanzleramt und Beauftragten für die Nachrichtendienste. © Getty Images
1999 wurde Steinmeier Chef des Bundeskanzleramtes. In dieser Funktion stand er dem sogenannten
1999 wurde Steinmeier Chef des Bundeskanzleramtes. In dieser Funktion stand er dem sogenannten "Steinmeier-Kreis" vor, dem unter anderem auch Wirtschaftsminister Wolfgang Clement angehörte. Der "Steinmeier-Kreis" beurteilte die aktuelle politische Lage, diskutierte Reaktionen und entwarf Strategien für die Regierung Schröder. © ddp
Steinmeier war ein enger Vertrauter Schröders. Er wirkte meist als Strippenzieher im Hintergrund. Außerdem schrieb er grundlegende Strategiepapiere der SPD, wie die Agenda 2010. Er war auch an der Umsetzung der Hartz-Reformen und der Vorziehung der Steuerreform 2003 beteiligt.
Steinmeier war ein enger Vertrauter Schröders. Er wirkte meist als Strippenzieher im Hintergrund. Außerdem schrieb er grundlegende Strategiepapiere der SPD, wie die Agenda 2010. Er war auch an der Umsetzung der Hartz-Reformen und der Vorziehung der Steuerreform 2003 beteiligt. © ddp
Im November 2005 wurde Steinmeier als Bundesminister des Auswärtigen in die Bundesregierung unter Bundeskanzlerin Angela Merkel berufen.
Im November 2005 wurde Steinmeier als Bundesminister des Auswärtigen in die Bundesregierung unter Bundeskanzlerin Angela Merkel berufen. © AP
Steinmeier lehnte einen frühen Bundeswehrabzug aus Afghanistan ab, sprach sich jedoch gegen eine Stationierung von Bundeswehr-Soldaten im Süden Afghanistans aus.
Steinmeier lehnte einen frühen Bundeswehrabzug aus Afghanistan ab, sprach sich jedoch gegen eine Stationierung von Bundeswehr-Soldaten im Süden Afghanistans aus. © ddp
Im ersten Halbjahr 2007 war Steinmeier Präsident des Rats der Europäischen Union.
Im ersten Halbjahr 2007 war Steinmeier Präsident des Rats der Europäischen Union. © AFP
Im Sommer 2007 befürwortete Steinmeier eine Kanzlerkandidatur von Kurt Beck, den er als Wunschkandidat bezeichnete.
Im Sommer 2007 befürwortete Steinmeier eine Kanzlerkandidatur von Kurt Beck, den er als Wunschkandidat bezeichnete. © AFP
Nach dem Rücktritt von Kurt Beck führte Steinmeier das Amt des Parteivorsitzenden im September und Oktober 2008 kommissarisch aus. Auf einem Sonderparteitag wurde Franz Müntefering zum neuen Vorsitzenden gewählt.
Nach dem Rücktritt von Kurt Beck führte Steinmeier das Amt des Parteivorsitzenden im September und Oktober 2008 kommissarisch aus. Auf einem Sonderparteitag wurde Franz Müntefering zum neuen Vorsitzenden gewählt. © ddp
Nach dem Rücktritt Franz Münteferings übernahm Frank-Walter Steinmeier am 21. November 2007 die Funktion des Vizekanzlers.
Nach dem Rücktritt Franz Münteferings übernahm Frank-Walter Steinmeier am 21. November 2007 die Funktion des Vizekanzlers. © ddp
Im September 2008 schlug das SPD-Präsidium Steinmeier als Kanzlerkandidaten vor. Steinmeier wurde auf einem SPD-Sonderparteitag mit 95,13 Prozent der gültigen Stimmen zum Spitzenkandidaten für die Bundestagswahl 2009 gewählt.
Im September 2008 schlug das SPD-Präsidium Steinmeier als Kanzlerkandidaten vor. Steinmeier wurde auf einem SPD-Sonderparteitag mit 95,13 Prozent der gültigen Stimmen zum Spitzenkandidaten für die Bundestagswahl 2009 gewählt. © AFP
Das Direktmandat im Brandenburger Wahlkreis 61 hat Steinmeier gewonnen. Der Außenminister, der einen Wohnsitz in Brandenburg/Havel hat, holte 32,8 Prozent der Erststimmen.
Das Direktmandat im Brandenburger Wahlkreis 61 hat Steinmeier gewonnen. Der Außenminister, der einen Wohnsitz in Brandenburg/Havel hat, holte 32,8 Prozent der Erststimmen. © MSUnger
Trotz des Direktmandats muss sich Steinmeier für das sehr schlechte Abschneiden der SPD bei der Bundestagswahl verantworten.
Trotz des Direktmandats muss sich Steinmeier für das sehr schlechte Abschneiden der SPD bei der Bundestagswahl verantworten. © AP
Am Dienstag nach der Wahl erklärte zunächst der damalige SPD-Generalsekretär Hubertus Heil, dass er nicht erneut für sein Amt kandidieren werde.
Am Dienstag nach der Wahl erklärte zunächst der damalige SPD-Generalsekretär Hubertus Heil, dass er nicht erneut für sein Amt kandidieren werde. © AP
Und dann folgten die harten Konsequenzen für den gescheiterten SPD-Kanzlerkandidaten: Frank-Walter Steinmeier gab am gleichen Dienstag bekannt, dass er nicht als Parteivorsitzender kandidieren werde.
Und dann folgten die harten Konsequenzen für den gescheiterten SPD-Kanzlerkandidaten: Frank-Walter Steinmeier gab am gleichen Dienstag bekannt, dass er nicht als Parteivorsitzender kandidieren werde. © AP
Allerdings übernahm er den Vorsitz der SPD-Bundestagsfraktion. Nun nimmt er eine Auszeit von der Politik, um seiner Frau eine Niere zu spenden.
Allerdings übernahm er den Vorsitz der SPD-Bundestagsfraktion. Nun nimmt er eine Auszeit von der Politik, um seiner Frau eine Niere zu spenden. © ddp
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Nach Jahrzehnten teils hoher Arbeitslosigkeit hat Deutschland wieder „eine Chance“, Vollbeschäftigung zu erreichen. Daran glaubt der Fraktionschef der SPD im Bundestag, Frank-Walter Steinmeier. Bei der Jahrestagung des deutschen Beamtenbundes in Köln sagte Steinmeier: „Das ist die Herausforderung für das nächste Jahrzehnt“.

Vollbeschäftigung sei gerade in der Bundesrepublik machbar: „Wir bleiben auch in der Zukunft die Ausrüster der Welt mit modernen Technologien“. Eine wesentliche Reduzierung der Arbeitslosigkeit sei zudem eine entscheidende Voraussetzung zur Gesundung der Staatsfinanzen und zur Senkung der Staatsschulden. „Jeder einzelne, der einen Arbeitsplatz hat und keine Sozialleistung bezieht, löst mehrere Probleme auf einmal“.

„Mehr Netto vom Brutto geht nicht“

Als entscheidend für einen Erfolg dieser Anstrengung nannte er massive Anstrengungen bei der Ausbildung: „70.000 bis 80.000 junge Leute gehen jedes Jahr ohne Abschluss von der Schule“. Dies könne die Gesellschaft genau so wenig hinnehmen wie die Tatsache, dass immer noch 80 Prozent der Betriebe nicht ausbildeten.

Steinmeier setzte sich auf der Beamtentagung für eine Stärkung der Rolle des Staates ein. Nur „ein Staat mit Muskeln“ habe es schaffen können, dass Deutschland die Finanz- und Wirtschaftskrise besser gemeistert habe als andere Länder. Der Staat müsse sich aus Steuern solide finanzieren können. Steuersenkungen sieht er deshalb selbst auf Dauer nicht: „Mehr Netto vom Brutto geht nicht“.

Auf der Jahrestagung forderten auch die Vertreter der Kommunen eine bessere finanzielle Ausstattung. „Wir leben in einem Staat, der den Bürgern den Service eines Vier-Sterne-Hotels bietet und dafür den Preis für eine Pension nimmt“, sagte der Geschäftsführer des Städte- und Gemeindebundes, Gerd Landsberg.