Bochum. .
Luke Hoffmann könnte den Bundespräsidenten als Patenonkel haben, wenn nicht nach seiner Geburt etwas schief gelaufen wäre. Denn die Stadt Bochum hatte Mutter Iris nicht über die „Elternpatenschaft“ informiert.
Wenn alles seinen normalen, bürokratischen Weg gegangen wäre, hätte Luke heute einen ziemlich berühmten Patenonkel. Denn Luke ist im Oktober 1996 als siebtes Kind der Bochumer Familie Hoffmann zur Welt gekommen. Und als siebtes Kind wäre sein Patenonkel eigentlich der damals amtierende Bundespräsident Roman Herzog. So will es die Tradition, seit Theodor Heuss 1949 die Ehrenpatenschaft einführte. Im Fall von Luke Hoffmann ist aber nicht alles seinen normalen, bürokratischen Weg gegangen.
Kein Hinweis auf die Präsidenten-Patenschaft
Die Geschichte vom übergangenen Patenkind beginnt im November 1996. Iris Hoffmann ist gerade aus dem Krankenhaus entlassen worden und will ihren Sohn Luke auf dem Bochumer Standesamt anmelden. Das klappt problemlos, „nur hat mich niemand darauf hingewiesen, dass ich diese Ehrenpatenschaft beantragen kann.“ Auch als sie im April 1998 ihr achtes Kind Phil anmeldet, sei die Möglichkeit der Ehrenpatenschaft nicht zur Sprache gekommen, sagt Iris Hoffmann.
Gewundert hat sie sich nicht damals. Was man nicht weiß, macht einen ja bekanntlich auch nicht heiß.
Die Verwunderung setzt erst 14 Jahre später ein. Wie jeden Morgen schlägt Iris Hoffmann die WAZ auf. Und ist sehr erstaunt, als sie einen Artikel über Bundespräsident Christian Wulff liest, der gerade die Ehrenpatenschaft für das siebte Kind einer rechtsextremen Familie aus Mecklenburg-Vorpommern angenommen hat. „Bis dahin wusste ich gar nicht, dass es so etwas gibt.“
Iris Hoffmann sagt, sie erinnere sich „hundertprozentig, dass mich auf dem Standesamt in Bochum niemand darüber informiert hat.“ Einerseits ist das nach 14 Jahren nur sehr schwer nachzuprüfen. Andererseits: Wieso sollte sich eine siebenfache Mutter nicht nur die Urkunde, sondern auch die Prämie von damals 500 Mark entgehen lassen?
Normalerweise funktioniert das mit der Ehrenpatenschaft so: Wenn Eltern ihr siebtes Kind anmelden, bekommen sie von der jeweiligen Kommune einen Antrag. Den müssen sie ausfüllen und ans Präsidialamt schicken. Ist die Prüfung erfolgreich, gibt’s zwei Wochen später eine Ehrenurkunde und ein Geldgeschenk.
Stadt zeigt sich verwundert über Fehler
Eine Pflicht der Kommunen, ihre Bürger zu informieren, gebe es nicht, sagt ein Sprecher des Bundespräsidialamtes: „Aber gute Gemeinden tun das in der Regel.“
Gehört Bochum also nicht zu diesen guten Gemeinden? Thomas Sprenger ist Pressesprecher der Stadt und sagt, was man als Pressesprecher in einer solchen Situation eben sagt: „Wir gehen sehr akribisch mit den Ehrenpatenschaften um.“ Wenn eine Familie das siebte Kind anmelde, werde sie informiert und bekomme den Antrag: „Wir helfen dann beim Ausfüllen und legen auf das Geldgeschenk des Bundespräsidenten sogar noch 250 Euro drauf.“
Dass das im Falle von Luke Hoffmann nicht geschehen sein soll, „verwundert mich schon sehr.“ Nach 14 Jahren sei die Stadt aber „natürlich nicht mehr in der Lage, den Sachverhalt zu überprüfen.“
Schade, sagt Iris Hoffmann, die es „sehr enttäuschend“ findet, dass ihr Sohn übergangen wurde. Nicht nur, weil sie das Geld – 500 Euro sind es mittlerweile – als Alleinerziehende gut gebrauchen könnte. Sondern vor allem wegen der symbolischen Bedeutung der Ehrenpatenschaft. „Wissen Sie: Wenn man acht Kinder hat, stecken die Leute einen automatisch in eine Schublade und denken, dass man asozial ist.“ Dabei sei sie sehr stolz auf ihre Kinder. Die stammen alle vom selben Vater, von dem sich Iris Hoffmann 1999 getrennt hat. „Und alle fünf, die schon mit der Schule fertig sind, haben das Abitur.“
Aber wie steht eigentlich Luke selbst zu der ganzen Geschichte? „Ich fände es toll, wenn der Bundespräsident mein Patenonkel wäre“, sagt der 14-Jährige. Einen Ehrenplatz für die Urkunde habe er schon reserviert in seinem Zimmer – falls es mit 14 Jahren Verspätung doch noch klappen sollte mit dem berühmten Onkel.
Denn vielleicht nimmt die Geschichte des übergangenen Patenkinds ja doch noch ein gutes Ende. Iris Hoffmann solle den Antrag einfach mal einreichen, sagt der Sprecher des Präsidialamtes: „Dann schauen wir mal weiter.“