London/Stockholm. .

Die Ermittlungen nach dem Attentat von Stockholm führten die Polizei nach Großbritannien: in die britische Stadt Luton. Wieder einmal.

Politischer Fundamentalismus rückt die britische Stadt Luton erneut ins Rampenlicht: Der Attentäter von Stockholm hat mit seiner Ehefrau und zwei Kindern in der Gemeinde nördlich von London ge­wohnt und studiert. In England gilt der Ort als Brutstätte radikaler Strömungen. Luton gerät so häufig für seine Probleme mit Islamisten in die Schlagzeilen, dass die britische Boulevardpresse einige Wohngegenden bereits als „El-Kaida-Alleen“ verspottet.

Die Ermittler gehen davon aus, dass der Selbstmordattentäter Taimur Abdel Wahab ist. Den Geheimdiensten war er zuvor nicht bekannt. Dass nun seine Spur nach Luton führt, weckt in Großbritannien Erinnerungen an einen anderen verheerenden An­schlag: Hier trafen sich auch jene Extremisten, die bei den Terroranschlägen von London 52 Menschen in den Tod rissen. Sie hatten am 7. Juli 2005 den Zug von Luton zum Bahnhof King’s Cross in der britischen Hauptstadt genommen, bevor sie Bomben in U-Bahnen und Bussen detonieren ließen.

Nachbarn bezeichnen ihn als „nett“

In der Nacht zu Montag wurden nun britische Fahnder erneut in Luton aktiv: Sie durchsuchten ein Reihenhaus, in dem Wahab jahrelang ge­wohnt haben soll. Der Iraker war mit seinen Eltern als Elfjähriger nach Schweden gezogen, im Jahr 2001 kam er nach Großbritannien. Er galt als unauffällig, Nachbarn be­zeichnen ihn als „nett“. An der Universität Bedfordshire hatte der 29-Jährige vor sechs Jahren einen Bachelor-Abschluss in Sport- und Bewegungstherapie gemacht. Er soll in zahlreichen Internetforen aktiv gewesen sein, angeblich auch, um auf diesem Weg eine zweite Ehefrau zu finden.

Auch in Schweden ermittelt die Polizei nach den Attentaten mit Hochdruck weiter. Nach ersten Erkenntnissen hat der 29-Jährige die zwei Explosionen in der belebten Einkaufstraße Stockholms alleine verursacht.

„So wie es zurzeit aussieht, war er auf jeden Fall während der Tat alleine. Doch wir gehen davon aus, dass es bei der Vorbereitung Mithelfer gab“, sagte Oberstaatsanwalt Thomas Lindstrand am Montag in Stockholm. Allerdings bestätigte er, dass der Mann selbst gebaute Rohrbomben und einen Bombengürtel trug. Auch in seinem Rucksack fand die Polizei Bomben. Zudem hatte er einen technischen Gegenstand bei sich, der wie ein „Schnellkochtopf“ aussah, so Lindstrand am Montag.

Die Bomben seien vermutlich zum falschen Zeitpunkt am falschen Ort und wegen eines Baufehlers nur teilweise explodiert. Andernfalls hätte es ein Blutbad im belebten Weihnachtshandel der Hauptstadt gegeben. Die Polizei kann bisher das Ziel des Attentäter nicht nachvollziehen. Vermutet wird, dass er zu einem Platz im Stockholmer Zentrum wollte, in dem am Samstag deutlich mehr Menschen auf engstem Raum zusammengedrängt waren. Warum das Auto explodierte und ob es sich dabei um eine Panne handelte, ist unklar. Bei dem Anschlag kam der Täter ums Leben, zwei Passanten wurden verletzt.

Brennpunkt Luton

Durch wen und wie der 29-Jährige radikalisiert worden ist, wird nun auch eine Frage für britische Ermittler sein. Der Ort Luton steht dabei im Zentrum dieser Überlegungen. Jeder Zehnte der 200 000 Einwohner ist Moslem, morgens ruft ein Muezzin zum Gebet in die zahlreichen Mo­scheen der Stadt. Immer wieder ist es hier zu Konflikten mit muslimischen Extremisten gekommen. Zugleich sind die Muslime gefährdet durch zunehmende Angriffe gewalttätiger britischer Hooligans.