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Es war ein schwerer Gang für Thomas Gottschalk: Am Sonntag moderierte er den ZDF-Jahresrückblick „Menschen 2010“ und zeigte sich dabei deutlich gezeichnet vom Fall Samuel Koch.
Mitgenommen wirkte er, war nicht so schlagfertig und witzig wie sonst: Der Auftritt beim ZDF-Jahresrückblick „Menschen 2010“ am Sonntagabend fiel Moderator Thomas Gottschalk sichtbar schwer. Noch zu tief steckte ihm der Unfall von „Wetten, dass…?“-Kandidat Samuel Koch in den Knochen. Doch Gottschalk gab nicht auf, kämpfte sich durch die Sendung und fand am Ende ein wenig zu seiner alten Form.
Wie würde Gottschalk mit dem sensiblen Thema Samuel Koch umgehen? Diese Frage beschäftigte viele Zuschauer vor Beginn der Sendung. Er tat es, indem er es direkt zu Beginn ganz offensiv ansprach und seinen Gefühlen Ausdruck verlieh. Eine Achterbahnfahrt sei das Jahr 2010 gewesen, von ganz oben nach ganz unten. Er habe miterleben müssen, wie „aus Spaß in wenigen Sekunden Ernst wurde“ – und sein Kandidat plötzlich bewusstlos vor ihm gelegen habe, berichtete der Moderator, der ganz entgegen seiner üblichen Vorlieben komplett schwarz-weiß gekleidet war.
Gespräch mit Samuels Vater
In einem Gespräch mit Samuel Kochs Vater, das zuvor aufgezeichnet worden war und noch vor dem eigentlichen Programm gezeigt wurde, berichtete Christoph Koch vom Zustand seines Sohnes. „Samuels Zustand – körperlich – sieht so aus, dass er im Bett liegen muss, sich nicht bewegen kann und oben an Hals und Kopf auch nicht bewegen darf. Er ist unendlich traurig, er macht sich Gedanken über seine Zukunft, wie es weitergeht. Diese Traurigkeit, die macht auch uns allen zu schaffen.“
Große Unterstützung habe die Familie von den vielen Menschen erfahren, die durch Samuels Schicksal berührt wurden, sagte der stark angeschlagen wirkende Vater, der in wohlüberlegten Sätzen sprach und zwischendurch gegen einen Kloß im Hals anzukämpfen schien. „Was wir in den letzten Tagen an Herzlichkeit erlebt haben, das hat uns geholfen, bis heute zu überstehen. Was wir an Hilfe und Unterstützung auch von Mitarbeitern des ZDFs erlebt haben, ist großartig und unbeschreiblich.“
„Es gibt Grund zur Hoffnung“
Wie es mit seinem Sohn weitergehe, konnte Christoph Koch noch nicht sagen, es gebe aber Grund zur Hoffnung. „Bewusst bekommen wir von den Ärzten keine Prognose. Mit Sicherheit wird es ein monatelanger Prozess werden, bis Heilung sichtbar wird. Da brauchen wir Geduld und die bekommen wir auch zugesprochen. Wir wissen, dass es guten Anlass zur Hoffnung gibt.“ Und der Moderator versprach, sich auch weiterhin für den verunglückten jungen Mann einzusetzen: „Garantieren Sie ihm, mein persönliches Interesse wird bei euch und bei ihm sein. Wir lassen euch da nicht alleine.“
Nach dieser Einspielung war Gottschalk die persönliche Betroffenheit deutlich anzumerken, immer wieder kam er im Verlauf der Show auf Samuel Koch zu sprechen. Über weite Strecken der Sendung fehlten ihm außerdem die Schlagfertigkeit und der Schalk, die den Moderator sonst auszeichnen. Ob im Gespräch mit Edison Peña, einem der gerettet chilenischen Bergleute, oder mit James Bain, der unschuldig 35 Jahre lang in einem amerikanischen Gefängnis gesessen hatte: Gottschalk wirkte leicht abwesend, hielt sich zurück und blieb mit vielen Fragen an der Oberfläche.
Höhepunkt der Sendung: Thema Loveparade
Ein Höhepunkt der Sendung war auch das Gespräch zur Loveparade in Duisburg. Der heute 17-jährige Dennis Stempel, der zum Zeitpunkt der Katastrophe im Tunnel feststeckte, berichtete von seinen Erfahrungen. Er sei im Gedränge hingefallen und unter mehreren Menschen begraben worden. Irgendwie habe er es geschafft, sich zu befreien. „Wie genau ich rausgekommen bin, weiß ich nicht mehr.“
Gottschalk umging in dem Gespräch die Schuldfrage, kam in Sachen Verantwortung jedoch auf seine eigenen Erfahrungen zurück. „Man erschreckt vor der eigenen Gutgläubigkeit“, meinte er im Rückblick auf Samuel Kochs Unfall. Ministerpräsidentin Hannelore Kraft pflichtete ihm bei. „Bei aller Lockerheit muss man immer darauf achten, es geht um Menschen und um Sicherheit. Man kann Katastrophen nicht verhindern, aber man muss daraus lernen.“
Erst gegen Ende der Sendung fand Gottschalk ein wenig zu seiner altbekannten Form. Im Gespräch mit den beiden Hauptdarstellern der diesjährigen Oberammergauer Passionsspiele meinte er verschmitzt: „Ich habe mir dieses Thema gewünscht. Dass es einen blonden Jesus gibt, hat schon zu meiner Erlösung beigetragen.“
Skurriler Plausch mit Elfriede Vavrik
Und bei dem leicht skurrilen Plausch mit der 81-jährigen Elfriede Vavrik blühte Gottschalk regelrecht auf. Die österreichische Autorin spricht in ihrem ersten Buch „Nacktbadestrand“ über ihre erotischen Fantasien und Sex im Alter. Sie habe ihren ersten Orgasmus mit 79 gehabt. „Lohnt sich das noch?“, fragte Gottschalk und hatte damit die Lacher des Publikums auf seiner Seite.
Und so war die Sendung genau die Achterbahn, die Thomas Gottschalk noch zu Beginn beschrieben hatte: Ein Auf und Ab der Gefühle, Stimmungen und emotionsgeladenen Themen, durch das der Moderator wenn auch emotional angeschlagen so doch noch professionell führte.