London/Sydney. .
Julian Assange ist nach Meinung von Australiens Außenminister nicht für die Veröffentlichung geheimer Diplomaten-Depeschen verantwortlich. „Die Amerikaner sind dafür verantwortlich“, sagte Außenminister Kevin Rudd.
Was ist Wikileaks?
Enthüllen und aufklären – das wollen die Erfinder von WikiLeaks. Auf ihrer Homepage werden geheime Dokumente veröffentlicht, die Skandale aufdecken: über die Kundus-Affäre, über Scientology - und aktuell Zehntausende US-Berichte.
Auf der Internet-Plattform WikiLeaks kann jeder anonym Dokumente veröffentlichen, wenn sie im öffentlichen Interesse stehen. So wurden auf der Plattform bereits Unterlagen, die Steuertricks der Schweizer Privatbank Julius Bär offenbaren, Handlungsanweisungen für das US-Gefangenenlager Guantanamo und geheimes Scientology-Material oder die Mitgliederliste der rechten British National Party veröffentlicht. Auf WikiLeaks wurden auch große Teile der Kundusakte sowie ein Video öffentlich gemacht, das zeigte, wie US-Soldaten in Bagdad unbewaffnete Zivilisten erschießen.
Dabei prüft Wikileaks nach eigenen Angaben jedes Dokument auf seine Echtheit. Das Restrisiko, auf eine Fälschung hereinzufallen, liege bei höchstens einem Prozent. Um die Informationen öffentlich zu machen, wurde ein System „für die massenweise und nicht auf den Absender zurückzuführende Veröffentlichung von geheimen Informationen und Analysen“ geschaffen, wird auf der Homepage behauptet. Serverkosten, Registrierungs-Gebühren, Bankgebühren und Bürokratie-Kosten werden durch Spenden von Privatpersonen finanziert. Geld von Unternehmen oder Regierungen nimmt WikiLeaks laut Erfinder Julian Assange nicht an. (vk)
Nach Einschätzung Australiens tragen die USA und nicht WikiLeaks-Gründer Julian Assange die volle Verantwortung für die Veröffentlichung geheimer Diplomaten-Depeschen im Internet. Diejenigen, die ursprünglich die Weitergabe der rund 250.000 Nachrichten aus dem US-Außenministerium ermöglicht hätten, seien rechtlich zur Verantwortung zu ziehen, sagte der australische Außenminister Kevin Rudd am Mittwoch im Interview mit Reuters. Die Tatsache, dass solche Nachrichten an die Öffentlichkeit gelangen konnten, stelle zudem die Sicherheit der Übertragungswege der USA infrage. „Herr Assange ist nicht selbst für die Veröffentlichung verantwortlich“, sagte Rudd. „Die Amerikaner sind dafür verantwortlich.“
Assange, der sich am Dienstag in London der Polizei gestellt hatte, verteidigte die Veröffentlichung zuletzt erneut. Diese hatte wegen der delikaten Informationen weltweit in der Politik für Empörung gesorgt. Assange wurde nicht wegen der WikiLeaks-Veröffentlichungen festgenommen, sondern wegen des Vorwurfs der Vergewaltigung, die er in Schweden im Sommer begangen haben soll.
Julian Assange hat vor seiner Verhaftung am Dienstag offenbar monatelang Unterschlupf in dem Londoner Journalistenclub Frontline gefunden. „Die meiste Zeit hat er sich hier im Frontline Club aufgehalten“, sagte der Gründer des Medienclubs, Vaughan Smith, der Nachrichtenagentur AFP am Dienstag. Er bezog sich damit auf die vergangenen Monate, wollte jedoch keine genaue Zeitspanne nennen, in der sich der 39-jährige Australier in der Einrichtung in London aufhielt.
„Er kam zu uns“, sagte Smith weiter, „vor allem weil wir unabhängig sind und er den Club als einen sicheren Ort betrachtete“. Der Frontline Club sei für Assange auch ein Ort gewesen, an dem er habe arbeiten und sich mit anderen Journalisten austauschen können. Assange hatte sich am Dienstag in London der Polizei gestellt und war daraufhin verhaftet worden. Gegen ihn wird in Schweden wegen des Verdachts der Vergewaltigung ermittelt.
Assange verteidigt Wikileaks
Assange hat derweil seine Enthüllungsplattform verteidigt. In einem am Mittwoch in der Tageszeitung „The Australian“ veröffentlichten Beitrag schrieb der 39-Jährige, Wikileaks sei wichtiger denn je und Menschenleben seien mit der Veröffentlichung vertraulicher Dokumente nicht in Gefahr gebracht habe.
Während Wikileaks vierjähriger Publikationsgeschichte seien ganze Regierungen verändert worden, aber keine einzige Person, soweit bekannt, verletzt worden, sagte Assange. Die USA hätten jedoch unter stillschweigendem Einverständnis Australiens allein in den vergangenen Monaten Tausende getötet, hieß es in dem Kommentar. Die Demokratie brauche wirkungsvolle und starke Medien, um ehrliche Regierungsführung zu ermöglichen. Dazu habe Wikileaks beigetragen.
Australien sagte dem 39-jährigen Landsmann indes Unterstützung zu. Assange werde „wie allen australischen Bürgern“ konsularischer Beistand geleistet, sagte Außenminister Kevin Rudd am Mittwoch im australischen Fernsehen. (afp/dapd)