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Im Abwehrkampf gegen die Übernahmepläne des spanischen Baukonzerns ACS holt sich Hochtief Schützenhilfe vom künftigen Fußball-WM-Veranstalter Katar. Das Emirat steigt mit einem Aktienpaket von 9,1 Prozent bei Deutschlands größtem Baukonzern ein.

Herbert Lütkestratkötter meldet sich bestens gelaunt am Telefon. „Wir haben heute erneut gute Nachrichten“, sagt der Vorstandschef des Essener Baukonzerns Hochtief mit fester Stimme. Erneut gute Nachrichten? Eigentlich schien es, als habe „Dr. Lü“ den Abwehrkampf gegen den spanischen Baukonzern ACS verloren. Längst spekulierte die Branche darüber, dass seine Amtszeit wohl bald zu Ende sein dürfte. Und nun sagt Lütke­stratkötter: „Ich denke, bei der einen oder anderen Gelegenheit sehen wir uns in Kürze wieder.“ Es war wohl mehr als eine freundliche Floskel.

Was Lütkestratkötter am Montag in einer kurzfristig anberaumten Telefon-Konferenz verkündete, war eine überraschende Wende im Kampf um Hochtief. Dass ACS die Kontrolle beim Revierkonzern übernehmen würde, galt als ausgemachte Sache. ACS hielt bereits knapp 30 Prozent der Hochtief-Aktien. Eine Übernahme der Mehrheit, so schien es, war nur noch eine Frage der Zeit.

Fußball WM 2022

Doch nun springt Hochtief das Emirat Katar als neuer Großaktionär zur Seite. Der Schritt des Scheichtums, das gerade erst den Zuschlag für die Fußball-Weltmeisterschaft 2022 erhalten hat, eröffnet Hochtief neue Chancen im Widerstand gegen eine feindliche Übernahme. Der Staatsfonds des Emirats will 9,1 Prozent der Hochtief-Anteile übernehmen und damit zum zweitgrößten Aktionär aufsteigen. Der Einstieg soll über eine Kapitalerhöhung erfolgen. Dadurch wird der Anteil, den ACS an Hochtief hält, verwässert – und zwar von knapp 30 auf gut 27 Prozent. Ob Katar weitere Aktienkäufe plant, blieb zunächst offen.

Um ACS auszubremsen, müssten Katar oder eine befreundete Investmentgruppe auf eine Sperrminorität von gut 25 Prozent kommen, betonte Marco Cabras von der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz (DSW). Cabras vermutet, dass es noch zu weiteren Kapitalerhöhungen kommen dürfte.

Weißer Ritter

„Das ist der weiße Ritter“, sagte Cabras mit Blick auf die Emirate. Als „weißer Ritter“ wird an den Aktienmärkten ein Unternehmen bezeichnet, das bei einer geplanten feindlichen Übernahme dem Angegriffenen zur Hilfe eilt.

Im Umfeld des ACS-Konzerns zeigte man sich dagegen betont gelassen. Die Übernahmepläne seien längst nicht vom Tisch, hieß es.

Auch Lütkestratkötter war darum bemüht, die spektakuläre Entwicklung als normalen Vorgang darzustellen. Schon aus juristischen Gründen muss der Hochtief-Chef den Eindruck vermeiden, als handele er gegen die Interessen des Großaktionärs ACS. Faktisch war der spanische Konzern allerdings bei der Entscheidung zugunsten von Katar nicht eingebunden. Entschieden hat ein kleiner „Ad-Hoc-Ausschuss“ des Aufsichtsrats. Mitglieder des Zirkels sind der BDI-Vorsitzende Hans-Peter Keitel sowie der einstige Siemens-Chef Heinrich von Pierer – Manager, auf die sich Lütkestratkötter offenbar verlassen kann.

Attraktiv für beide Seiten

Angebahnt wurde der Coup auf dem politischen Parkett. Bereits im Oktober hatte Lütkestratkötter in Berlin auf Vermittlung von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) kurz mit dem Wirtschaftsminister von Katar gesprochen. Lütke­stratkötter beließ es am Montag dabei zu betonen, wie hoch das Ansehen von Kanzlerin Merkel und Bundespräsident Christian Wulff in Katar sei.

Ob der Einstieg von Katar auch ohne den Zuschlag für die Fußball-WM erfolgt wäre? „Ich denke ja“, sagt Lütke­stratkötter dazu. Aber nun sei die Sache „noch attraktiver für beide Seiten“. Für die Zukunft sind mehrere Großprojekte in Katar geplant. Unter anderem geht es um den Bau einer komplett neuen Stadt, die für 200 000 Einwohner ausgelegt ist. Und für die WM sind mehrere neue Stadien in Planung.