Madrid. .

Nach dem wilden Streik von Fluglotsen ist der spanische Luftraum am Samstag wieder freigegeben worden. Spaniens Regierung hatte den Notstand ausgerufen und den Streikenden drastische Strafen angedroht.

Einen Tag nach dem Beginn des unangekündigten Fluglotsenstreiks in Spanien hat sich die Lage nach der Ausrufung des Alarmzustands und der Androhung von Strafverfahren vor Militärgerichten am Samstag entspannt. Ein Großteil der Lotsen seien bis zum Nachmittag zur Arbeit zurückgekehrt, teilte die Flughafengesellschaft AENA mit. Der gesamte spanische Luftraum ist wieder geöffnet, die europäische Flugsicherungsbehörde Eurocontrol habe dafür das Okay gegeben.

Verkehrminister José Blanco sagte im spanischen Fernsehen, der Luftraum sei wieder „vollständig geöffnet“. Obwohl „praktisch alle Kontrolleure“ an ihre Arbeitsplätze zurückgekehrt seien, könne es aber noch „24 bis 48 Stunden“ dauern, bis sich der Flugverkehr normalisiert habe, fügte er hinzu. Nach Angaben von AENA konnten erste Flugzeuge wieder starten, darunter in Madrid, Barcelona und Gran Canaria. Der reguläre Flugverkehr könne aber nicht ohne weitere Verzögerungen wieder aufgenommen werden. Die Fluggesellschaften müssten erst ihre Flugpläne neu erstellen und Piloten, Kabinenpersonal und die Passagiere darüber informieren.

Fluglotsen droht das Militärgericht

Sollten die Streikenden nicht an ihre Arbeitsplätze zurückkehren, könnten sie wegen Befehlsverweigerung vor Militärgerichten angeklagt werden, hatte der stellvertretende Ministerpräsident Alfredo Pérez Rubalcaba zuvor nach einer Sondersitzung des Kabinetts gedroht. Die Fluglotsen hatten am Freitag die Arbeit niedergelegt. Sie verhandeln schon lange mit der Flughafenbehörde AENA über ihre Löhne, die Arbeitsbedingungen und Vergünstigungen.

Wegen des nicht angekündigten Fluglotsenstreiks ist in Spanien war zuvor erstmals seit mehr als 30 Jahren der Alarmzustand ausgerufen worden. Angesichts der Androhung harter Strafen begannen die Streikenden am Samstag, an ihre Arbeitsplätze zurückzukehren, wie die Flughafengesellschaft AENA am Mittag mitteilte. Von dem knapp eintägigen Streik waren rund 250.000 Passagiere betroffen, darunter mehr als 14.000 deutsche Urlauber.

Knapp die Hälfte des spanischen Luftraums sei wieder frei, hieß es von Seiten der AENA. Der Flugverkehr könne allerdings nicht ohne weitere Verzögerungen wieder aufgenommen werden. Die Fluggesellschaften müssten erst ihre Flugpläne neu erstellen und Piloten, Kabinenpersonal und die Passagiere darüber informieren.

Mindestens 250.000 Passagiere saßen fest

Kurz zuvor hatte der spanische Innenminister Alfredo Pérez Rubalcaba die Ausrufung des zweiwöchigen Alarmzustands bekanntgegeben. Damit könnten Streikende, die nicht an ihre Arbeitsplätze zurückkehrten, wegen Ungehorsams vor ein militärisches Strafgericht gestellt werden, sagte er nach einer Krisensitzung der Regierung. Es war das erste Mal seit dem Ende des Franco-Regimes 1975 in Spanien, dass diese Maßnahme angewendet wurde.

Etwa 90 Prozent der rund 2300 spanischen Fluglotsen hatten am Freitagnachmittag die Arbeit niedergelegt, um gegen Pläne der Regierung zu protestieren, ihre Arbeitszeiten zu verlängern. Der spanische Luftraum wurde daraufhin fast vollständig gesperrt. Hunderte Flüge fielen aus, mindestens 250.000 Passagiere saßen nach Angaben der Flughafenbetreiber fest. Regierungschef José Luis Rodríguez Zapatero stellte die Luftraumkontrolle am Freitagabend vorläufig unter die Oberaufsicht der Armee.

Vor der allmählichen Rückkehr der Fluglotsen sagten die spanische Fluggesellschaft Iberia, Air France, KLM, Ryanair, Easyjet und andere Airlines alle Flüge bis Sonntagfrüh ab. Der Streik kam zu einem denkbar ungünstigen Zeitpunkt, da er mit dem Beginn eines langen Wochenendes in Spanien zusammentraf.

Auch NRW-Flughäfen betroffen

Auch tausende Deutsche waren von den Arbeitsniederlegungen betroffen. Es handele sich um 14.000 Kunden von Reiseveranstaltern, sagte der Sprecher des Deutschen Reiseverbands (DRV), Torsten Schäfer, in Berlin. Darüber hinaus seien sicherlich auch Selbst-Bucher aus Deutschland betroffen. Da derzeit Nebensaison sei, hätten allerdings relativ wenige Deutsche Spanien-Urlaube gebucht. Die Touristik-Unternehmen TUI und Thomas Cook sowie der Urlaubsflieger Condor boten ihren Kunden kostenlose Umbuchungen von für Samstag gebuchte Spanien-Reisen an.

An den Flughäfen machten empörte Passagiere ihrer Wut über die Fluglotsen Luft. Am Madrider Airport Barajas rief eine Gruppe immer wieder „Schamlos!“. Vor den Schaltern bildeten sich lange Schlangen, notgedrungen machten es sich viele Passagiere auf dem Boden bequem.

Die Streiks haben auch Auswirkungen auf die Flughäfen in Nordrhein-Westfalen. Wie eine Sprecherin der Düsseldorfer Airports am Samstag sagte, fielen bis zum Mittag 16 der insgesamt 19 Flüge von und nach Spanien aus. Die Sprecherin empfahl den Flugreisenden zudem, sich über möglicherweise gestrichene Flüge zu informieren und direkt bei der Fluggesellschaft nachzufragen. Auch der Köln/Bonner Flughafen war von den Streiks betroffen. Laut dem Flugplan des Airports hatten zahlreiche Flüge von und nach Spanien Verspätung. Einige Flüge wurden zudem gestrichen. Am Flughafen Dortmund waren Freitag und Samstag insgesamt je sechs Flüge gestrichen worden.

Im Streit mit den Fluglotsen hatte die die unter massiven Sparzwängen stehende Regierung in Madrid am Freitag beschlossen, eine maximale Arbeitszeit von 1670 Stunden pro Jahr festzuschreiben. Dabei sind Zeiten, in denen die Lotsen nicht in der Flugüberwachung tätig sind, nicht einbezogen.

Die Fluglotsengewerkschaft kritisierte, damit würden etwa Krankheitstage nicht mehr als Arbeitszeit gerechnet. Die Entscheidung zu den Arbeitsstunden ist Teil eines neuen Sparpakets der Regierung in Spanien, das nach der griechischen und irischen Schuldenkrise als weiterer möglicher Wackelkandidat in Europa gilt. (afp/dapd)