Karlsruhe. .

Die CDU bleibt beim Nein zur Präimplantationsdiagnostik. Bei dem Thema geht es auch um die Definition, wann menschliches Leben beginnt. Die Befürworter einer Lockerung des Unionskurses scheiterten knapp.

Die CDU hat sich für ein striktes Verbot von Gentests an Embryonen ausgesprochen. Der CDU-Parteitag in Karlsruhe schloss sich am Dienstag nach einer fast vierstündigen leidenschaftlichen Debatte mit knapper Mehrheit den Gegnern der sogenannten Präimplantationsdiagnostik (PID) an. Für diese Position hatten auf dem Kongress auch CDU-Chefin Angela Merkel, Generalsekretär Hermann Gröhe und Fraktionschef Volker Kauder geworben. Mit der Entscheidung hält die CDU an der Festlegung in ihrem Grundsatzprogramm fest, wonach die PID nicht zulässig sein soll. Die Entscheidung fiel denkbar knapp aus: Die Delegierten votierten mit 51 Prozent der Stimmen für einen entsprechenden Antrag. Der Gegenantrag, der die PID in engen Grenzen zulassen wollte, erhielt 49 Prozent der Stimmen.

Intensive und emotionale Debatte

Zuvor hatte der Parteitag intensiv und sehr emotional über die Haltung der CDU zu den umstrittenen Gentests an Embryonen debattiert. Generalsekretär Hermann Gröhe sagte, noch so enge Ausnahmeregelungen könnten das Problem nicht lösen. „Wir werden mehr und mehr hineingezogen in Entscheidungen, in denen am Ende doch entschieden wird, welches Leben zugelassen und welches Leben verworfen wird.“ Dies sei mit der „Heiligkeit des Lebens“ unvereinbar. Wie am Vortag bereits Merkel betonte Gröhe, er habe aber Respekt vor denjenigen, die eine andere Meinung verträten.

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Für die Befürworter unterstrich Wirtschafts-Staatssekretär Peter Hintze, die PID sei für genetisch vorbelastete Menschen in einer schweren seelischen Notlage wichtig und zugleich eine menschenfreundliche Alternative zur Untersuchung im Mutterleib. Er verstehe nicht, warum diese Pränataldiagnostik erlaubt sei, nicht aber die Untersuchung in der Petri-Schale. Es sei ein Gebot der humanitären Vernunft, im Vorfeld festzustellen, ob etwa die Gefahr einer qualvollen Totgeburt bestehe. Die Politik müsse alles daran setzen, Leid und Tränen zu verhindern.

Die Debatte hat für die CDU große Bedeutung, da sich die Partei in besonderer Weise auf ihre christlichen Grundlagen beruft. Im Grundsatzprogramm ist ein Verbot der PID verankert. Unklar blieb, ob sich der CDU-Parteitag am Ende der Debatte eindeutig für oder gegen die Gentests positionieren wird. Auslöser der Debatte ist ein Urteil des Bundesgerichtshofs vom Sommer, wonach die Überprüfung von Embryonen auf Gendefekte zulässig ist.

Die Hintergründe des Streits

Mit der umstrittenen Präimplantationsdiagnostik (PID) können Gendefekte bei einem im Reagenzglas gezeugten Embryo schon erkannt werden, ehe dieser in die Gebärmutter eingesetzt wird. In der Regel werden am dritten Tag nach der künstlichen Befruchtung zwei Zellen entnommen und auf Anlagen für genetisch bedingte Krankheiten untersucht.

Wird ein Gendefekt diagnostiziert, der eine schwere Behinderung des Kindes zur Folge hätte, könnte man den Embryo absterben lassen. Falls keine Schädigung vorliegt, würde er in die Gebärmutter eingesetzt. Vor der künstlichen Befruchtung muss die Frau mit hohen Hormongaben behandelt werden, damit gleichzeitig mehrere Eizellen reifen. Dies führt gelegentlich zu bedrohlichen Überreaktionen und möglicherweise auch zu Spätschäden.

Gegner der PID verweisen auf den verfassungsrechtlich garantierten Schutz menschlichen Lebens. Sie halten eine Auslese menschlicher Embryonen für ethisch inakzeptabel und befürchten auch, dass PID eine Ausgrenzung behinderter Kinder und ihrer Eltern zur Folge haben könnte. Befürworter argumentieren, dass Paaren mit bestimmten Erbkrankheiten die Geburt behinderter Kinder erspart werden könne.

Neu befeuert wurde die Debatte Anfang Juli mit einem Urteil des Bundesgerichtshofs. Die Richter erklärten die Präimplantationsdiagnostik für zulässig. Das Verfahren verstoße nicht gegen das Embryonenschutzgesetz, entschied der Fünfte Senat. Das Gericht bestätigte damit den Freispruch eines Berliner Frauenarztes. Der Mediziner hatte in den Jahren 2005 bis 2006 bei drei Paaren die im Reagenzglas befruchteten Eizellen vor dem Einsetzen in die Gebärmutter auf genetische Auffälligkeiten hin untersucht. In Abstimmung mit den Frauen ließ er die Embryonen mit einem Gendefekt absterben. Er wurde angeklagt, das Berliner Landgericht sprach ihn frei, die Revision der Staatsanwaltschaft wies der BGH mit seinem Urteil ab.

In der Debatte über das Für und Wider der PID spielt auch die Debatte um Abtreibungen aus medizinischen Gründen eine große Rolle: Die PID zu verbieten, Abtreibungen aber zu erlauben, erscheint Befürwortern widersinnig. Die Gegner der PID sind konsequenterweise auch häufig strikte Abtreibungsgegner. (dapd)