Bönen. .
Der massiv in die Kritik geratene Textildiscounter Kik räumt Fehler ein: Offener und selbstkritischer wolle man künftig sein. Auf Tarifgehälter dürfen die Beschäftigten in absehbarer Zeit allerdings nicht hoffen.
Ausgespähte Mitarbeiter, sittenwidrige Löhne und Kritik an den Produktionsbedingungen in Bangladesch – die Vorwürfe gegen Deutschlands größten Textildiscounter Kik waren massiv. „Kik ist in der öffentlichen Wahrnehmung zum roten Tuch geworden“, räumt Michael Arretz ein. Seit rund 100 Tagen ist der Kik-Manager als Geschäftsführer für Unternehmenskommunikation und das Thema Nachhaltigkeit zuständig. Sein Job ist es auch, das angekratzte Image der Textilkette aufzupolieren.
„Offener und selbstkritischer“ wolle Kik in Zukunft sein, kündigte Arretz am Dienstag vor Journalisten in der Firmenzentrale in Bönen an. „Es gab Fehlentwicklungen“, erklärte er und versprach: „Wir haben das erkannt, und wir haben gegengesteuert.“
Kik („Kunde ist König“) war unter anderem dafür verurteilt worden, einer Verkäuferin aus dem Ruhrgebiet mit einem Stundenlohn von 5,20 Euro über Jahre hinweg einen sittenwidrig niedrigen Lohn gezahlt zu haben. Mittlerweile hat der Textildiscounter für den deutschen Markt einen unternehmensinternen Mindestlohn von 7,50 Euro eingeführt. Dass Kik den Beschäftigten Tarifgehälter zahlt, schließt Arretz allerdings „zum jetzigen Zeitpunkt“ aus.
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Kik ist ein Tochterunternehmen der Mülheimer Tengelmann-Gruppe. Vor gut zwei Monaten hatte auch Tengelmann-Chef Karl-Erivan Haub Fehler eingeräumt, die er auf das „stürmische Wachstum“ von Kik zurückführte. „Diese werden konsequent bereinigt“, kündigte Haub an.
Vorwürfen, Kik lasse in Billiglohnländern wie Bangladesch zum Teil unter menschenunwürdigen Bedingungen produzieren, widersprach Manager-Manager Arretz. Wer in Bangladesch einen Arbeitsplatz in der Textilindustrie habe, gehöre zu den „Globalisierungsgewinnern“, argumentierte er. Der Mindestlohn in der Textilindustrie von Bangladesch sei kürzlich von 18 auf 31 Euro monatlich erhöht worden, führte der Manager an. Zugleich betonte er: „Es gibt keine Kik-Fabriken.“ Das Unternehmen aus Bönen sei kein Produzent, sondern lediglich Händler.
Nach Berichten über mit Schadstoffen belastete Produkte im Kik-Sortiment seien die Prüfungen verstärkt worden, berichtete Arretz. „Jeder Fehler ist einer zu viel. Wir haben die Schlagzahl der Kontrollen noch einmal erhöht.“
Kik war auch in die Schlagzeilen geraten, weil die Textilkette die private Finanzlage von Beschäftigten geprüft hatte. „Wir haben das abgestellt“, bekräftigte Arretz. Die Gewerkschaft Verdi hatte in der Vergangenheit wiederholt kritisiert, dass die Rechte von Mitarbeitern bei Kik nicht ausreichend berücksichtigt würden. Dass Arbeitnehmerinteressen durch Betriebsräte vertreten werden, ist bei Kik die große Ausnahme. „Unsere Meinung ist: Wir brauchen keine Betriebsräte“, sagte Arretz. Das Unternehmen wolle sich allerdings „dieser Diskussion stellen“.
Die Textilkette, die 1994 vom verschwiegenen Unternehmer Stefan Heinig gegründet wurde, verfolgt rasante Expansionspläne. Eine Anzeigetafel im Foyer der Firmenzentrale verkündet, dass es derzeit 2995 Kik-Filialen in Europa gibt. Das Ziel seien 5000 Standorte bis zum Jahr 2015, sagte Arretz. Allein in Deutschland gebe es „Platz für weitere 500 Filialen“. In den kommenden fünf Jahren sei mit einem Zuwachs um weitere 5000 Beschäftigte zu rechnen, so der Kik-Manager an.
Wie sehr das Unternehmen auf den Werbeeffekt von Verona Pooth setzt, wird auch in der Firmenzentrale deutlich. Das Gesicht der Entertainerin ist praktisch an jeder Ecke zu sehen. Firmengründer Stefan Heinig allerdings werde sich auch künftig eher im Hintergrund halten, kündigte Kik-Manager Arretz an. Auch hier hat die neue Offenheit des Unternehmens ihre Grenzen.