Düsseldorf. .
Hundert Tage ist sie im Amt: Ministerpräsidentin Hannelore Kraft zieht Bilanz und sieht „Anzeichen für Umdenken in allen Lagern“. So rechnet sie auch mit einem Erfolg ihres Nachtraghaushalts.
Hundert Tage nach ihrem Amtsantritt hat sich Nordrhein-Westfalens Ministerpräsidentin Hannelore Kraft (SPD) zuversichtlich über die Erfolgschancen ihrer rot-grünen Minderheitsregierung geäußert. „Wir haben gute Argumente, mit denen wir für unsere Ziele werben. Und wir sehen Anzeichen für ein Umdenken in allen politischen Lagern“, sagte Kraft am Donnerstag.
Zum Landeshaushalt 2011, der im Frühjahr verabschiedet werden soll und als höchste Hürde für den Fortbestand der Düsseldorfer Minderheitsregierung gilt, sagte Kraft: „Ich habe keine hellseherischen Fähigkeiten, aber mit Blick auf die bisherigen Abstimmungen im Landtag, die sehr bunt waren und mit Blick auf erkennbare Veränderungen bei den Oppositionsfraktionen bin ich zuversichtlich.“
Zuvor steht allerdings noch die Abstimmung über einen Nachtragshaushalt im Dezember an. Kraft bezeichnete ihn als „Endabrechnung“ mit der schwarz-gelben Vorgängerregierung. Diese habe Ausgaben veranlasst, im Haushalt aber keine Vorsorge dafür getroffen. Die SPD-Politikerin geht davon aus, dass Rot-Grün den Nachtragshaushalt im Parlament durchbringt. Die Linke werde nicht mit CDU und FDP stimmen, sagte sie.
Mehr Investitionen in Familie, Kinder und Bildung
Aber auch die ehemaligen Regierungsparteien haben sich nach Krafts Ansicht neu positioniert. Als Beispiel für solche Veränderungen nannte Kraft die Schulpolitik, in der Rot-Grün ein längeres gemeinsames Lernen an Gemeinschaftsschulen ermöglichen will. „Nach der FDP, die sehr differenziert die Probleme des derzeitigen Schulsystems analysiert, erleben wir mittlerweile eine NRW-CDU, die offen zugibt: Ja, wir haben in der Schulpolitik einen Fehler gemacht und zu lange am dreigliedrigen System festgehalten.“
Notwendig seien „mehr Investitionen in Familie, Kinder und Bildung“, fügte Kraft hinzu. Dies werde den Landesetat 2011 wesentlich bestimmen. „Ich will auch einen neuen Politikstil gegenüber den Kommunen pflegen. Bund, Land und Kommunen müssen sich auf Augenhöhe begegnen.“ Erste Gesetze seien auf dem Weg. Sie nannte als Beispiel die Initiative zur Abschaffung der Studiengebühren. Umsetzbar sei dieses Vorhaben aber erst zum Wintersemester 2012.
Die Düsseldorfer Regierungschefin warb zugleich für ein Umdenken in der Finanzpolitik. „Wir sehen sehr deutlich, dass jahrelanges hartes Sparen unsere Finanzprobleme auf allen staatlichen Ebenen nicht entscheidend löst, weil die sozialen Reparaturkosten in die Höhe schnellen.“ Wer Kosten senken wolle, müsse in Prävention investieren. „Das ist ein neuer Politikansatz, den wir mit dem Haushaltsplan 2011 umsetzen wollen.“
Ein neuer Politikstil
Die 49-Jährige bekräftigte, Rot-Grün setze „auf einen Politikstil, der von menschlichem Umgang, Dialogfähigkeit und Offenheit für gute Vorschläge geprägt wird.“ „Ob das gelingt, hängt nicht nur von uns ab, sondern auch davon, wie sich die anderen Fraktionen auf diese Situation einstellen.“ Voraussetzung sei, dass sich alle - Regierung und Opposition - ihrer Verantwortung stellten.“
Was zum Beispiel in skandinavischen Ländern geübte Praxis ist, erleben wir jetzt auch in Nordrhein-Westfalen“, sagte Kraft. „Eine Minderheitsregierung muss für ihre politischen Inhalte werben, für das, was sie voranbringen will. Sie muss Partner gewinnen, um mit ihnen gemeinsam das Beste für unser Land zu erreichen.“ Dies stärke die Rolle des Parlaments. „Parlamentarische Debatten werden wieder spannender, Demokratie wieder direkter.“
Mit 90 Sitzen fehlt SPD und Grünen im Düsseldorfer Landtag ein Mandat zur absoluten Mehrheit. CDU und FDP stellen zusammen 80 Abgeordnete, die Linke elf. Kraft war am 14. Juli vom Düsseldorfer Landtag im zweiten Wahlgang mit einfacher Mehrheit zur Nachfolgerin von Jürgen Rüttgers (CDU) gewählt worden. (dapd/afp)