München. .
Saufen und Raufen: Das diesjährige Oktoberfest hat neue Rekorde markiert. Noch nie wurde auf der Wiesn so viel getrunken und mit Maßkrügen geprügelt.
Das Jubiläums-Oktoberfest hat einen neuen Bierrekord und eine wachsende Brutalität gebracht. Wie Wiesn-Chefin Gabriele Weishäupl und Münchens Oberbürgermeister Christian Ude (SPD) am Montag sagten, tranken die rund 6,4 Millionen Besucher an den vergangenen 17 Tagen etwa sieben Millionen Maß Bier. Die Polizei stellte eine deutlich gewachsene Zahl von Schlägereien mit Maßkrügen fest.
Das Oktoberfest ist das größte Volksfest der Welt, es feierte in diesem Jahr sein 200-jähriges Bestehen. Die Besucherzahl lag deutlich über den 5,7 Millionen Besuchern des Vorjahres, das allerdings durch Anschlagsdrohungen des Terrornetzwerks El Kaida belastet war. Noch mehr Gäste, nämlich 7,1 Millionen, kamen im Jahr 1985. Beim Bier-Rekord schränkte Weishäupl ein, dass womöglich 1985 auch mehr getrunken, aber nicht so genau gezählt wurde. Bisher lag der höchste registrierte Bierkonsum etwas unter sieben Millionen Litern. Die Wiesn-Gäste aßen in diesem Jahr 117 Ochsen, 59 Kälber sowie tausende Hendl.
Historische Wiesn kommt gut an
Weishäupl und Ude zogen eine im Wesentlichen positive Bilanz. Besonders hoben sie hervor, dass die wegen des Jubiläums auf einem Extragelände veranstaltete historische Wiesn mit 500.000 Besuchern die Erwartung von 300.000 Gästen deutlich übertroffen habe und dass die internationale Resonanz noch weiter gestiegen sei. Ude hob auch hervor, dass die Zahl der Polizeieinsätze zurückgegangen sei. „Leider gibt es eine gewisse Brutalisierung“, schränkte der OB ein. „Die Gewaltdeliktzahlen gehen insgesamt zurück, aber die Exzesse, die besonders Angst und Schrecken verbreiten, nehmen leider zu.“ Dies sei aber ein gesamtgesellschaftliches Phänomen.
Laut Polizei gab es insgesamt 62 Schlägereien mit Maßkrügen, nach nur 43 im Jahr 2009. Zwei der Maßkrugschlägereien seien von der Staatsanwaltschaft als versuchtes Tötungsdelikt bewertet worden. In einem Fall wurde ein französischer Student in Haft genommen, der einem Australier im Streit einen Krug auf den Kopf schlug, was bei diesem zu einer Gehirnblutung führte. Im zweiten Fall schlug ein Münchner einem Gast aus Kanada einen Maßkrug auf den Kopf und fügte diesem lebensgefährliche innere und äußere Verletzungen zu. Die Zahl der gefährlichen Körperverletzungen erhöhte sich von 127 auf 140 Fälle. Insgesamt verringerte sich laut Polizei die Zahl der Straftaten aber gegenüber dem Vorjahr deutlich um fast 21 Prozent auf 1179.
Plastikbecher sind „totalter Blödsinn“
Trotz der schweren Verletzungen durch Maßkrüge halten Polizei wie Wirte aber wenig davon, die traditionellen Gläser durch Plastik-Krüge zu ersetzen. „Der Maßkrug gehört zum bayerischen Brauchtum“, sagte der stellvertretende bayerische Landeschef der Deutschen Polizeigewerkschaft, Hermann Vogelsang, der Nachrichtenagentur dapd. Zwar habe der Plastikbecher im Fußballstadion dazu beigetragen, dass die Zahl der gefährlichen Körperverletzungen zurückging. „Aber ein Volksfest ist etwas anderes als ein Fußballspiel.“ Ganz unterbinden ließen sich die Schlägereien sowieso nicht, sagte Vogelsang. Allerdings hofft er auf harte Strafen für die Täter: „Die Justiz muss zeigen, dass Maßkrug-Schlägereien kein Kavaliersdelikt, sondern im Bereich von Mord und Totschlag sind.“
Für den Sprecher der Wiesnwirte, Toni Roiderer, sind Plastikbecher in den Oktoberfestzelten undenkbar: „Der Plastikkrug ist totaler Blödsinn. Wenn der zersplittert, gibt es richtig scharfe Kanten.“ Die Festleitung will sich zu dem Thema erst gar nicht äußern - und verweist auf die Polizei. Auch Sprecher von Feuerwehr und Bayerischen Rotem Kreuz wollten zum Thema Plastik-Krug lieber nichts sagen. Am bayerischen Brauchtum mag vorerst offenbar niemand rütteln - aller Gewalt zum Trotz.
Kuriose Fundstücke
Laut Weishäupl wurden im Fundbüro der Wiesn etwa 4500 Fundstücke abgegeben, darunter 1450 Kleidungsstücke, 770 Ausweise, 420 Geldbörsen und 420 Mobiltelefone. Zu den kuriosesten Fundstücken zählten ein Mops, ein Kaninchen, ein Tennisschläger, eine Lederpeitsche, eine Tuba, ein Hörgerät und ein Gebiss. Dass auch vier Paar Damenpumps gefunden wurden lässt sich wohl nur dadurch erklären, dass die Besitzerinnen barfuß auf den Tischen tanzten - und anschließend ihre Schuhe vergaßen.Der Montag war der letzte Tag des diesjährigen Oktoberfests. Zum ersten Mal galt in den Bierzelten ein Rauchverbot, das im Wesentlichen auch ohne größere Probleme eingehalten wurde. (afp)