Köln. .

Wie Peter Gabriel mit Orchester 11 000 Fans in der Lanxess-Arena begeistert und seinen Kollegen Sting dabei musikalisch, zeitlich und bei der Zahl seiner Fans überrundet.

Vor fast genau einer Woche, am 24. September, rockte Sting die Lanxess-Arena mit Band und Symphonieorchester. Samstagabend tat es ihm Peter Gabriel nach. Wobei sich das nur vordergründig vergleichen lässt. Ebenso wie der 58-jährige Sting gehört auch der zwei Jahre ältere Gabriel zu den großen britischen Musikern, die Weltkarriere gemacht haben. Sowohl als Kopf einer Band, als auch als Solo-Musiker. Beide haben in diesem Jahr eine CD mit klassischen Arrangements veröffentlicht und beide stellten die Scheibe nun live mit Symphonieorchester auf der Bühne vor.

Damit wären aber auch bereits alle Ähnlichkeiten aufgezählt. Denn während Sting seine eigenen Stücke und die von „Police“ sinfonisch veredelte, hat der ehemalige Genesis-Frontmann Songs von Kollegen gecovert. Was man von einem wie ihm eigentlich nicht erwartet hätte. Warum er es trotzdem getan hat, erläutert der weißbärtige Mann im langen Mantel zu Beginn des Konzerts in einer ausführlichen, auf Deutsch verlesenen, Erklärung. Er, der im Februar 60 wurde, ist dankbar, für das, was ihm im Laufe seiner musikalischen Laufbahn widerfahren ist und möchte nun etwas dafür zurückgeben. Der Titel der Doppel-CD: „Scratch My Back“ bezieht sich auf das englische Sprichwort „You scratch my back and I´ll scratch yours“, was auf Deutsch soviel wie „Eine Hand wäscht die andere“ bedeutet. Tatsächlich ist geplant, dass auch Künstler wie David Bowie, Paul Simon oder Randy Newman, denen er seine Referenz erweist, sich mit Gabriel-Covern revanchieren wollen.

Keine Gitarren, kein Schlagzeug

Anders als Sting, und auch das ist gravierend, hat Gabriel die Parole „no drums, no guitars“ ausgegeben, verzichtet also auf eine Band. Wem das, im Vorfeld, ähnlich absurd erschien, wie ein Cowboy ohne Pferd und ohne Lasso, sah sich Samstagabend in der Lanxess-Arena aufs Angenehmste enttäuscht. „Heroes“ (David Bowie), „Philadelphia“ (Neil Young) und zehn weitere Cover-Songs ergeben ein wunderbares Ganzes, das in seiner durchgängigen Moll-Stimmung mitunter geradezu nostalgisch anmutet und eine köstliche Schwermut ausstrahlt, die die Seele streichelt. Zum Heulen schön ist das.

Für Gabriels Stimme bildet das Orchester ein Fundament, auf dem er sich so selbstverständlich bewegt, als habe er nie etwas anderes getan. Äußerlich ist er zwar nicht annähernd so bewundernswert jugendlich geblieben wie der Ex-„Police“-Sänger, aber gesanglich hat er immer noch das typische Gabriel-Timbre mit all seiner Fülle, Farbpracht und Grandezza. Die beiden Sängerinnen setzen hellere, ebenfalls, strahlende Akzente. Einer der Höhepunkte in diesem ersten Teil, bei dem sich die Bildeinblendungen in einem schmalen Rechteck oberhalb des Orchesters meist abstrakt und sehr sparsam im Wechsel von Schwarz und Rot abspielen, ist „My Body Is A Cage“ (Arcade Fire), bei dem Gabriels Stimme förmlich den Käfig des Fleisches sprengt.

Nach der Pause geht es, in der wieder komplett bestuhlten Halle, mit Gabriel-Kompositionen weiter. Dieses Set mit zwölf Stücken und drei Zugaben gerät im Ganzen heiterer und temperamentvoller. Bei „Signal To Noise“ springen endlich die ersten von den Plätzen auf, „Solsbury Hill“ wird frenetisch gefeiert, und die zweite Zugabe „Dont´t Give Up“ hätte, als Duett, kaum ergreifender sein können. Mit drei Stunden hat, um den Vergleich ein letztes Mal zu bemühen, Peter Gabriel Sting um 30 Minuten getoppt, und mit 11 000 Zuschauern um 2 000 überrundet. Eine Widerholung hätten beide verdient.