Berlin. .
Neuer Zündstoff in der Koalition: Zur Haushaltskonsolidierung sollen möglicherweise die Raucher geschröpft werden. Die FDP leistet Widerstand, Unions-Wirtschaftspolitiker sind dafür.
Die Koalition streitet über eine Erhöhung der Tabaksteuer. Während sich der Wirtschaftsflügel der Unions-Fraktion am Donnerstag dafür aussprach, signalisierte vor allem die FDP Widerstand. Umstritten ist außerdem, was mit den möglichen Mehreinnahmen von einer Milliarde Euro geschehen soll. Das Geld könnte zur Finanzierung von Steuervereinfachungen oder zur Schonung der Industrie bei der Ökosteuer ausgegeben werden.
In der Bundesregierung gebe es eine „große Offenheit“ für eine Tabaksteuererhöhung, hieß es in Koalitionskreisen. Ein Regierungssprecher wollte „konkrete Pläne“ aber nicht bestätigen. Zunächst müssten die Haushaltsberatungen abgewartet werden. Zuletzt war die Steuer 2005 heraufgesetzt worden. Sie spielt dem Bund jährlich gut 13 Milliarden Euro in die Kassen. Allerdings gilt der Spielraum für weitere Erhöhungen bei Experten als begrenzt, weil nach Preissprüngen stets viele Raucher aufhören zu qualmen.
Weil der Koalition wegen ihres Sparkurses allerdings an allen Ecken und Enden das Geld fehlt, richten sich die Augen schon seit Wochen auf die Steuer. So wollen etliche Wirtschaftspolitiker in der Unions-Fraktion mit den Mehreinnahmen die Einschnitte bei den Ökosteuer-Privilegien der Industrie abfedern. Sie soll dauerhaft 1,5 Milliarden Euro mehr Stromsteuer im Jahr zahlen.
Kompensation für fehlende Ökosteuer
Nachdem die Wirtschaft kritisiert hatte, das würde den Mittelstand hart treffen, hatte Kanzlerin Angela Merkel am Montag erklärt, dass energieintensive Firmen nicht so stark belastet werden sollten wie ursprünglich geplant. Da die Sparsumme von 80 Milliarden Euro bis 2014 aber zusammenkommen muss, soll jetzt Finanzstaatssekretär Werner Gatzer alternative Vorschläge machen. Im Finanzministerium hieß es inoffiziell, dort sei man auch für eine Tabaksteuererhöhung offen, es gebe aber auch andere Wege.
Eine Tabaksteuererhöhung könnte ungefähr eine Milliarde Euro mehr einbringen, berichtete das „Handelsblatt“ unter Berufung auf Regierungskreise. Die Größenordung kursiert seit längerem in den Koalitionsfraktionen. Die „Saarbrücker Zeitung“ berichtete, das Finanzministerium habe mit der Tabakbranche ein Modell beraten, das eine schrittweise Anhebung in fünf Stufen vorsieht. Nach Reuters-Informationen ist die Industrie dabei offen für eine moderate Steuererhöhung. Denn sie könnte dann ihre ohnehin geplanten Preisanhebungen einfach auf den Staat abschieben.
Im Finanzministerium hieß es, die Steuererhöhung passe ins Bild, weil die EU-Finanzminister ohnehin eine Erhöhung der Tabaksteuer ab 2014 vereinbart hätten. In Deutschland beträgt sie pro 1000 Zigaretten durchschnittlich 140 Euro. Nach einer britischen Studie sterben in Europa mehr als eine Million Männer und rund 200.000 Frauen im Jahr an den Folgen des Tabakkonsums.
FDP: Sparen statt Einnahmen erhöhen
Ob sich in der Koalition tatsächlich eine Mehrheit für eine Tabaksteuererhöhung findet, ist noch unklar. So sagte der Vize-Vorsitzende der Unions-Fraktion, Michael Fuchs, der „Saarbrücker Zeitung“: „Es wird zu einer Tabaksteuer-Erhöhung kommen.“ Dagegen sagte der finanzpolitische Sprecher der Fraktion, Leo Dautzenberg, Reuters: „Es wäre jetzt der falsche Zeitpunkt, die Tabaksteuer zu erhöhen. Ich sehe auch nicht, dass so etwas mehrheitsfähig wäre.“ Besonders belastet wären dadurch die Menschen, die mit einem geringen Einkommen klarkommen müssten.
„Eine Anhebung der Verbrauchssteuern in der langsam anspringenden Binnenkonjunktur wäre die falsche Botschaft“, sagte auch FDP-Fraktionsvize Patrick Döring zu Reuters. Die FDP wolle sparen und nicht die Einnahmen erhöhen. Auch an anderer Stelle hieß es aus der FDP, eine Anhebung der Tabaksteuer sei für die Partei nicht vorstellbar. Bundeswirtschaftsminister Rainer Brüderle (FDP) weiß nach eigenen Worten nichts von konkreteren Plänen der Regierung zur Erhöhung der Tabaksteuer.
Sollte es trotzdem zu der Steuererhöhung kommen, müsste auch geklärt werden, was mit dem zusätzlichen Geld geschehen soll. Döring sagte, eine thematische Verbindung zwischen Tabaksteuer und Ökosteuer-Subventionen sei unzulässig. Fuchs pochte darauf, dass Mehreinnahmen für eine spürbare Steuervereinfachung verwendet würden. Dafür wird in der Koalition mit einem Finanzbedarf von rund zwei Milliarden Euro gerechnet.
Bei der Tabaksteuer wird neben der Menge auch der Wert der Ware für die Bemessung herangezogen. Für Zigaretten beträgt sie 8,27 Cent je Stück und 24,66 Prozent des Kleinverkaufspreises. (rtr)