Brüssel. Die konservativen Parteien in Europa haben zum dritten Mal in Folge die Wahlen zum EU-Parlament gewonnen. Die Parteifamilie von CDU und CSU, die Europäische Volkspartei (EVP), wird dem vorläufigen Wahlergebnis nach die mit Abstand stärkste Fraktion. Auch die EU-Gegner gewinnen Stimmen.
Im neuen Europaparlament bilden die konservativen Parteien die mit Abstand stärkste Fraktion. Die Parteifamilie von CDU und CSU, die Europäische Volkspartei (EVP), eroberte laut dem vorläufigen Wahlergebnis vom Montag-Morgen, 3 Uhr, 267 Sitze und wird damit die mit Abstand stärkste Fraktion. Insgesamt werden dem EU-Parlament künftig 736 Abgeordnete angehören.
Debakel für die Sozialdemokraten
Für die Sozialdemokraten geriet die Wahl zum Debakel. Nicht nur de SPD fuhr das schlechteste bundesweite Ergebnis seit Kriegsende ein. Auch europaweit erlitten Sozialisten und Sozialdemokraten herbe Verluste: Die Sozialdemokratische Partei Europas (SPE) wird nach der Hochrechnung des Meinungsforschungsinstituts TNS künftig nur noch über 159 Sitze im EU-Parlament verfügen, maximal 22 Prozent der insgesamt zu vergebenden Mandate. Bislang stellte sie 28 Prozent der EU-Abgeordneten. Dagegen konnte die EVP trotz Abspaltung der britischen Konservativen und der tschechischen Demokratischen Bürgerpartei (ODS) mit 36 bis 37 Prozent der Sitze ihr Ergebnis von 2004 in etwa halten.
Liberale drittstärkste Fraktion
Drittstärkste Kraft im EU-Parlament wurden die Liberalen, die nach leichten Verlusten mit 80 bis 82 Sitzen rechnen können. Danach folgen die Grünen mit 51 Mandaten, gemessen an der Gesamtzahl der Sitze eine leichte Verbesserung. Die europäische Linke kann mit 33 Sitzen rechnen und stellt damit nach wie vor 5 Prozent der EU-Abgeordneten.
Sozialisten nur in Griechenland stark
Ein EU-Mitglied nach dem anderen meldete am Wahlabend einen Sieg der Konservativen. In den großen Mitgliedstaaten Deutschland, Frankreich, Italien, Spanien und Polen lag das bürgerliche Lager klar vorn, ebenso in Belgien, Ungarn, Tschechien, Slowenien, Bulgarien und Zypern. Griechenland war bis zum späten Abend das einzige größere Land, aus dem ein Sieg der Sozialisten gemeldet wurde. Dies trifft auch auf die Sozialdemokraten in Österreich (SPÖ) zu, die nur noch 23,8 Prozent der Stimmen erhielten. Die regierende Labour-Partei ist bei der Europawahl in Großbritannien einer Hochrechnung zufolge auf den dritten Platz abgestürzt. In Großbritannien wurde die Partei von Regierungschef Gordon Brown von den Wählern abgestraft: Labour habe nur 16 Prozent der Stimmen gewonnen, hieß es in der am Montagmorgen von der BBC veröffentlichten Hochrechnung. Damit habe Labour sieben Prozentpunkte gegenüber der Europawahl von 2004 eingebüßt. Der Fraktionschef der Sozialdemokraten im EU-Parlament, Martin Schulz, erklärte: «Das ist ein sehr trauriger Abend für die Sozialdemokratie in Europa.»
Rechtsextreme Parteien erfolgreich
EU-Skeptiker und rechte Protestparteien erzielten in einigen Staaten beachtliche Erfolge. So erzielte in Österreich die Liste des EU-Skeptikers Hans-Peter Martin 17,8 Prozent der Stimmen, auch die rechtsgerichtete FPÖ konnte Gewinne verbuchen. Auch die offen rassistische British National Party (BNP) wird erstmals mindestens einen Abgeordneten ins EU-Parlament entsenden. Die Partei, die nur Weiße als Mitglieder zulässt und Großbritannien aus der EU abmelden will, gewann einen von sechs Sitzen in der Region Yorkshire and the Humber. Sie kam dort auf zehn Prozent. Hochrechnungen sehen die BNP in Großbritannien bei 7,5 Prozent.
Einen Überraschungserfolg landeten die französischen Grünen um Daniel Cohn-Bendit. Seine Liste landete mit 16,2 Prozent der Stimmen nur knapp hinter den Sozialisten (PS), die auch in Frankreich schwere Verluste hinnehmen mussten.
Weniger als die Hälfte gingen zur Wahl
Von den 375 Millionen Wahlberechtigten in der EU machten nur 43,09 Prozent von ihrem Stimmrecht Gebrauch - das ist ein historischer Tiefstand. In Deutschland lag die Wahlbeteiligung nach den letzten Hochrechnungen bei 43,3 Prozent. Am niedrigsten fiel sie nach vorläufigen Zahlen mit 19,64 Prozent in der Slowakei aus. Ebenfalls sehr uninteressiert zeigten sich die Menschen den Angaben zufolge in Slowenien und Tschechien, wo 77,6 beziehungsweise 75 Prozent der Wahlberechtigten ihr Stimmrecht ungenutzt verfallen ließen. Nur wenig besser sah es in Rumänien und Polen aus. (afp/ap)