London. .

Der frühere britische Premierminister Tony Blair hat seine Memoiren geschrieben. Und geht darin wenig zimperlich mit seinem Nachfolger Gordon Brown um.

„Unerträglich“, „schwierig“, „null emotionale Intelligenz“ - der frühere britische Premierminister Tony Blair hat in seinen Memoiren mit seinem Nachfolger und einstigen innerparteilichen Gegenspieler Gordon Brown abgerechnet. In dem am Mittwoch erschienenen Buch „A Journey“ (“Mein Weg“) schreibt Blair, Browns Zeit an der Regierungsspitze sei „eine Katastrophe“ gewesen. Er verteidigt außerdem den Einmarsch in den Irak 2003.

Es sei von Anfang an „unklug“ gewesen, dass ihn Brown als Premierminister ersetzt habe, schreibt Blair. „Es konnte nicht funktionieren.“ Der Schritt sei „weder politisch vernünftig noch demokratisch“ gewesen. Im Nachhinein sei es aber leicht zu behaupten, er habe den Machtwechsel verhindern müssen; zu jener Zeit sei dies „nahezu unmöglich“ gewesen.

Politisches Kalkül, aber null emotionale Intelligenz

Brown, bis dahin Finanzminister, übernahm im Jahr 2007 von seinem ewigen Rivalen Blair zunächst den Parteivorsitz und dann das Amt des Regierungschefs. Dass Brown die Nachfolge Blairs antreten sollte, hatte sei langem festgestanden; der zunehmend unpopuläre Blair löste sich aber nur zögernd von dem Amt, das er gut zehn Jahre inne hatte. Blair gewann drei Parlamentswahlen in Folge; Brown verlor im Mai dieses Jahres gleich seine erste.

In der drei Jahre währenden Amtszeit Browns verbat Blair sich selbst öffentliche Kritik an seinem Nachfolger. In den Memoiren holt er dies nun nach: „Politisches Kalkül: ja. Politische Gefühle: nein. Analytische Intelligenz: absolut. Emotionale Intelligenz: null.“ Blair schreibt aber auch, er habe nie den Respekt vor der „Stärke, Fähigkeit und Brillanz“ von Brown verloren. Brown sei der beste Finanzminister gewesen, den Großbritannien je gehabt habe.

Weg des „New Labour“ verlassen

Den Grund für das Scheitern von Labour bei den Wahlen im Mai sieht Blair darin, dass die Partei den von ihm lancierten Weg des „New Labour“ verlassen habe. Blair hatte seiner Partei einen Modernisierungskurs verschrieben und sie in die politische Mitte gerückt.

Die Veröffentlichung des Buches kam an dem Tag, an dem mit dem Verschicken von Wahlzetteln an 160.000 Labour-Mitglieder das Verfahren für die Wahl eines neuen Parteivorsitzenden begann. Blairs Warnung vor einem Linksruck der Partei dürfte als Votum für den ehemaligen Außenminister David Miliband gewertet werden, der zuvor als Berater für Blair gearbeitet hatte. Dessen jüngerer Bruder Ed ist einer der vier weiteren Bewerber, er beriet einst Brown.

Verkaufserlöse für Kriegsveteranen

In „A Journey“ verteidigt Blair auch seine Entscheidung, 2003 gemeinsam mit den USA in den Krieg gegen den Irak zu ziehen. „Ich kann die Entscheidung nicht bedauern“, schreibt er. Es wäre damals ein größeres Sicherheitsrisiko gewesen, Saddam Hussein nicht zu stürzen. Gleichwohl sei er „unendlich betrübt“ über die vielen Toten des Krieges - britische Soldaten, Verbündete, irakische Zivilisten, Diplomaten. Die Zeit nach dem Einmarsch sei „furchtbar“ gewesen, er habe aber nie den „Alptraum“ erwartet, der sich dann abgespielt habe.

Blair will alle Erlöse aus dem Verkauf seiner Biografie einer Hilfsorganisation spenden, die schwerverwundete Kriegsveteranen unterstützt. Medienberichten zufolge hat er bereits vor Veröffentlichung des Buches umgerechnet 5,6 Millionen Euro erhalten. Wenige Stunden nach seiner Veröffentlichung sprang „A Journey“ beim Internetbuchhändler Amazon auf Platz zwei der britischen Verkaufsliste. (afp)