Berlin. .

Hartz-IV und die Rente mit 67 gelten in der SPD-Basis als Hauptgrund für den Absturz. Das geht aus einer Befragung aller Ortsvereine hervor. Tenor: Die Partei hat ihren Kurs verloren, der Spitze fehlt die Glaubwürdigkeit.

In der Hartz-IV-Reform und der Rente mit 67 sieht die SPD-Basis die Hauptgründe für die schwere Niederlage bei der Bundestagswahl. Das geht aus einer Befragung aller Ortsvereine der Sozialdemokraten hervor. Daneben wurden als Ursachen für den Absturz bei der Wahl das „Verhältnis zur Linken“, „die Rolle der SPD in der Großen Koalition“, „fehlende Glaubwürdigkeit“, „Profil- und Farblosigkeit“ sowie „Entfremdung der Partei von Mitgliedern und Bevölkerung“ genannt.

Die SPD hatte die Fragebögen, die mit Hilfe des Meinungsforschungsinstituts polis + sinus erstellt wurden, Ende März an etwa 10.000 Ortsvereine verschickt und bis Mitte Mai mehr als 4.200 (rund 44 Prozent) zurückerhalten. Gelegentlich genannt als Ursachen für das desaströse Bundestagswahlergebnis von 23 Prozent wurden auch „Kompetenzverlust in der Sozial- und Arbeitsmarktpolitik“, „Mehrwertsteuererhöhung“ und das „Verhalten der Hessen-SPD“.

Fehlende Mobilisierung beklagt

Auf die Frage, was im Wahlkampf besonders positiv gewesen sei, verzeichneten die Auswerter als häufigste Antwort „nichts“. Spitzenkandidat Frank-Walter Steinmeier wurde nur „gelegentlich“ genannt. Als besonders negativ wurden die „fehlende Mobilisierung“ und der „Zustand der Bundes-SPD“ empfunden. Künftig soll sich die Partei vor allem um die Arbeitsmarktpolitik kümmern: Thematisiert werden sollen gerechtere Löhne und Gehälter, von denen man leben kann, durch die Einführung von Mindestlöhnen und die Stärkung von Tarifverträgen. Das sehen 92 Prozent der Ortsvereine so. 85 Prozent meinen, sehr wichtig seien neue und wirksame Regeln für die Finanzmärkte, 84 Prozent geht es vor allem um Verbesserungen im Bildungssystem. Nur für zehn Prozent ist der Einsatz der Bundeswehr an internationalen Missionen zum Erhalt oder zur Durchsetzung des Friedens ein sehr wichtiges Thema.

Für die Zukunft wünschen sich die Genossen vor allem Mitgliederbefragungen. 54 Prozent der Ortsvereine meinen, dieses Instrument solle „auf jeden Fall“ eingesetzt werden, 37 Prozent entschieden sich bei dieser Frage für „eher ja“. Auch Mitgliederentscheide werden gewünscht, lediglich ein Fünftel ist skeptisch oder lehnt sie ab. Ein Drittel der Basisgliederungen ist zudem „weniger zufrieden“ oder „unzufrieden“ mit der Arbeit der Parteizentrale.

Linke-Chef Klaus Ernst bezeichnete die Ergebnisse am Wochenende als „Ohrfeige für diese und die vorherige SPD-Führung“. Die SPD müsse sich kritisch mit ihrer Vergangenheit als Regierungspartei auseinandersetzen. Die Umfrage zeige klar und deutlich, dass die SPD-Basis einen anderen Kurs wolle, als ihn die SPD-Führung verfolge. Die SPD sei immer noch zerrissen. Das momentane Umfragehoch sei nur der Schwäche von Schwarz-Gelb geschuldet.