Duisburg. .

Einen Abbau von bis zu 30.000 Arbeitsplätzen in Deutschland befürchtet der Betriebsrat von Thyssen-Krupp Stahl Europa. Grund seien drastische Preiserhöhungen bei Eisenerz und Kokskohle. Auch die Verbraucher bekommen wohl die Folgen zu spüren: Autos und Maschinen werden teurer.

Die angekündigten drastischen Preiserhöhungen bei Eisenerz und Kokskohle gefährden nach Einschätzung des Betriebsrats von Thyssen-Krupp Stahl Europa bis zu 30.000 Arbeitsplätze allein in Deutschland. Sein Vorsitzender Willi Segerath forderte am Donnerstag in Duisburg ein Verbot von Rohstoff-Spekulationen.

Nach Angaben Segeraths ist der Preis pro Tonne Eisenerz zwischen 2003 und 2010 bereits um 453 Prozent gestiegen. In dieser Woche nun kündigten die drei größten Produzenten, die 73 Prozent des Erzes weltweit liefern, eine weitere Erhöhung an. Der Thyssen-Krupp-Betriebsrat spricht von 80 bis 130 Prozent. Dadurch dürfte der Stahlpreis um 30 Prozent steigen, was die Verbraucher direkt zu spüren bekommen dürften: Autos und Maschinen werden teurer.

Steigende Preise für Rohstoffe

Bislang konnten die Stahlhersteller die steigenden Preise für die Rohstoffe an die weiterverarbeitenden Kunden weitergeben. Angesichts der Wirtschaftskrise, die noch nicht beendet sei, sei das künftig nicht mehr möglich, erklärt Thyssen-Krupp-Stahl-Betriebsratschef Segerath. Zumal die drei weltgrößten Erz-Produzenten Vale, Rio Tinto und BHP Billiton offenbar kürzere Liefervertrags-Laufzeiten durchsetzen wollen. Gab es bislang in der Regel eine einjährige Preisstabilität, soll künftig quartalsweise neu verhandelt werden. Nach dieser Ankündigung zogen die Preise für Industriemetalle an den Rohstoffmärkten bereits drastisch an.

Vor diesem Hintergrund sieht Segerath jeden dritten der rund 90.000 Stahl-Arbeitsplätze in Deutschland gefährdet, sollten die Erzhersteller ihre „völlig überzogenen Preisvorstellungen durchsetzen“. An der Personalschraube sei nicht mehr zu drehen. Zumal sich nach Angaben des Betriebsratsrats der Preis für eine Tonne Stahl zu 70 Prozent aus Rohstoff- und nur zu zwölf Prozent aus Lohnkosten zusammensetze. So entfielen auf 450 Euro für die Tonne 350 Euro auf Rohstoffe und nur 60 Euro auf Personal.

Europäischer Stahlaktionstag in Duisburg

In seinem „Duisburger Appell“ fordert der Betriebsrat von Thyssen-Krupp Stahl deshalb Bundeskanzlerin Angela Merkel und EU-Kommissionspräsident Jose Mauel Barroso auf, sich gegen Rohstoff-Spekulationen und womöglich illegale Preisabsprachen sowie für faire Wettbewerbsregeln einzusetzen. Noch im April soll in Duisburg ein europäischer Stahlaktionstag stattfinden, der die Forderungen des Betriebsrates unterstützen soll.

Die Alarmglocken läuten aber auch die Analysten. „Unsere schlimmsten Erwartungen sind noch übertroffen worden“; sagte Peter Albrecht, Vorstand von Price Waterhouse Coopers, dieser Zeitung. Zu den absoluten Erzpreis-Erhöhungen kämen nun auch noch kürzere Vertragslaufzeiten. Albrecht geht davon aus, dass die neuen Verträge zwischen dem brasilianischen Erz-Unternehmen Vale und japanischen Stahlherstellern exemplarisch auch für den europäischen Markt sein werden. Der Analyst: „Stahlhersteller werden gezwungen sein, nach dem tiefen Tal der Konjunktur gleich wieder ein Maximum der Preissteigerung für Erz an ihre Abnehmer weiterzugeben.“ Auswirkungen für die Verbraucher seien noch nicht abzusehen.