Genf.
Der Urknall in Genf lässt weiter auf sich warten. Im größten Teilchenbeschleuniger der Welt im Kernfoschungszentrum Cern habe es technische Probleme gegeben. Aufgeben wollen die Wissenschaftler heute aber nicht.
Das mit großer Spannung erwartete Experiment am Europäischen Kernforschungszentrum CERN hat sich am Dienstag wegen technischer Probleme verzögert. Der weltgrößte Teilchenbeschleuniger LHC stand bereit, um Protonen mit einer nie dagewesenen Energie aufeinanderzuschießen, wie die Wissenschaftler mitteilten. Doch kurz nach dem Auftakt kam es zu Problemen mit dem Protonen-Strahl. Im Laufe des Tages wollten die Forscher einen erneuten Anlauf unternehmen.
Irrtum im Sicherheitssystem
CERN-Technologiedirektor Steve Myers sprach von zwei kleineren Fehlern. Zunächst habe es ein Problem bei der Stromversorgung gegeben. Danach habe ein Sicherungssystem die Anlage irrtümlicherweise heruntergefahren.
Michael Barnett vom Lawrence Berkeley National Laboratory erklärte, es handele sich wahrscheinlich nicht um ein grundsätzliches Problem, sondern einen geringfügigen Computerfehler. „Es ist eine sehr komplizierte Maschine - und man erlebt Höhen und Tiefen damit“, sagte der Forscher. Wissenschaftler erklärten, dass vor einem erneuten Kollisions-Versuch zunächst die Protonenstrahlen ausgetauscht werden müssten.
Kleine Schwarze Löcher könnten entstehen
Forscher aus aller Welt blickten gebannt nach Genf, wo das Experiment im LHC grundsätzliche Fragen zum Aufbau des Universums beantworten soll. Bei der Rekonstruktion des Urknalls könnten mikroskopisch kleine „Schwarze Löcher“ entstehen. Der Weltuntergang stehe aber nicht bevor, sagte CERN-Generaldirektor Rolf-Dieter Heuer.
Seit zehn Tagen jagen Protonenstrahlen mit einer Energie von 3,5 Billionen Elektronenvolt durch den ringförmigen 27 Kilometer langen Tunnel der europäischen Forschungseinrichtung. Am Dienstag sollten die Teilchen erstmals aufeinanderprallen. Ob es in der Röhre des LHC (Large Hadron Collider) in den ersten Stunden nach einem erfolgreichen Start des Experiments tatsächlich knallt, sei aber ungewiss, sagte Heuer: „Es ist, als ob sie zwei Nadeln über dem Atlantik zusammenstoßen lassen wollen.“
Aufschlüsse über die Entstehung des Universums
Von ihren Experimenten erhoffen sich die Wissenschaftler Aufschlüsse über die Entstehung des Universums und der Materie vor Milliarden von Jahren. Dass die bahnbrechende Forschung mit Risiken verbunden sei, weisen sie zurück. Sollten bei der Kollision tatsächlich sogenannte Schwarze Löcher entstehen, wären sie so mikroskopisch klein, dass sie sofort wieder zerfallen würden, sagte Heuer.
Seit November war die Teilchenbeschleunigung im CERN nach Plan gelaufen. Am 19. März wurde ein neuer Energie-Weltrekord aufgestellt. Mit 3,5 Billionen Elektronenvolt jagen die Protonenstrahlen seitdem drei Mal so schnell durch die Röhre wie beim bisherigen Rekord, der vom Teilchenbeschleuniger Tevatron bei Chicago gehalten wurde.
In einer zweieinhalb Monate langen Winterpause war der LHC weiter verbessert worden. Bereits im vergangenen Jahr hatten die Forscher mehrere Erfolge erzielt, nachdem es zuvor beim Start des Projekts massive Probleme gegeben hatte. (apn)