Berlin. .

Zu Beginn des Ausbildungsjahres gibt es noch offene Lehrstellen. Wie die Deutsche Industrie- und Handelskammer und der Zentralverband des Deutschen Handwerks betonten, gebe es noch viele Angebote in fast allen Bereichen.

Mit Beginn des Ausbildungsjahres rührt die Wirtschaft verstärkt die Werbetrommel, um noch offene Lehrstellen zu besetzen. Zwar gibt es bundesweit immer noch mehr Bewerber als freie Lehrstellen. Dennoch sehen Industrie, Handel und Handwerk zunehmend Probleme, angesichts sinkender Schulabgängerzahlen den Fachkräftenachwuchs zu sichern.

Der Präsident des Deutschen Industrie- und Handelskammertages (DIHK), Hans Heinrich Driftmann, erklärte am Donnerstag, an den Lehrstellenbörsen der Kammern gebe es noch „zahlreiche Ausbildungsangebote in fast allen Branchen und Berufen“. Handwerks-Präsident Otto Kentzler sprach von einer „großen Auswahl“ für junge Leute. Im Handwerk seien noch 15.000 Ausbildungsangebote unbesetzt. „In allen Berufen finden sich noch freie Plätze“, sagte Kentzler.

Zahl der Lehrverträge auf Vorjahresniveau

Bis Ende Juli registrierten die Industrie- und Handelskammern (IHK) sowie das Handwerk etwas mehr neue Lehrverträge als noch vor einem Jahr. In Industrie, Handel und bei Dienstleistungsunternehmen wurden laut Driftmann 227.600 neue Ausbildungsverträge abgeschlossen. Damit sei das Niveau des Vorjahres erreicht, wobei im Westen ein Plus von 0,6 Prozent, im Osten aber ein Rückgang um 3,7 Prozent zu verzeichnen sei. Im Handwerk wurden bis Ende vorigen Monats 82.427 neue Lehrverträge unterzeichnet, was einer Zunahme von 1,8 Prozent entspricht.

Dennoch gibt es bundesweit nach Zahlen der Bundesagentur für Arbeit (BA) noch mehr unversorgte Lehrstellensuchende als Ausbildungsangebote. Für 108.500 Ende Juli noch unbesetzte Stellen habe es noch 152.600 Bewerber gegeben. Die rechnerische Lücke von rund 44.000 fehlenden Lehrstellen falle aber kleiner aus als im Vorjahr (62.700), da bei einer sinkenden Zahl von Bewerbern das Ausbildungsangebot stabil geblieben sei.

Wirtschaft setzen auf einheimischen Fachkräftenachwuchs

Driftmann sprach von einer „guten Lehrstellensituation“, die zeige, dass die Unternehmen bei anziehender Konjunktur Vorsorge träfen. „Sie wissen, dass Lehrstellenbewerber immer knapper werden“, erklärte der DIHK-Präsident. In diesem Jahr gebe es fast drei Prozent weniger Schulabgänger als 2009.

Dies macht sich vor allem im Osten Deutschlands bemerkbar, wo der Rückgang der Schulabgängerzahlen früher eingesetzt hat und in diesem Jahr bereits um etwa 13 Prozent unter dem Vorjahr liegt. Viele Unternehmen suchten hier händeringend nach qualifizierten Lehrstellenbewerbern, sagte Driftmann.

Neben dem auch demografisch bedingten Rückgang der Schulabgängerzahlen macht den Unternehmen weiter zu schaffen, dass aus ihrer Sicht viele Bewerber nicht ausbildungsreif sind. „Etwa 20 Prozent der Schulabgänger können nur unzureichend lesen, schreiben und rechnen“, sagte Driftmann. Über die Hälfte der ausbildenden Unternehmen müsse mit Nachhilfe nachsteuern.

Handwerk will Lehrlinge aus Polen und Tschechien gewinnen

Das Handwerk setzt zur Fachkräftesicherung auf die Ausbildung im eigenen Betrieb, will vor allem in der Grenzregion im Osten aber auch Lehrlinge aus Polen und Tschechien gewinnen. Bislang scheitert dies an dem Nachweis, dass kein einheimischer Bewerber verfügbar sei. Mit der vollen Arbeitnehmerfreizügigkeit in der EU auch für Polen vom 1. Mai 2011 an fällt die Hürde weg.

„Wir werden da keine Werbeaktionen starten“, sagte der Sprecher des Zentralverbandes des Handwerks, Alexander Legowski. Die Handwerkskammer in Cottbus etwa bemühe sich um öffentliche Zuschüsse für ein Modellprojekt, polnische Lehrstellenbewerber in einem Drei-Monats-Kurs an Sprache und Recht in Deutschland heranzuführen: „Hat das Erfolg, kann das beispielhaft sein.“

Vorrangig will sich das Handwerk aber bemühen, einheimische Bewerber mit schlechten Schulnoten ausbildungsfähig zu machen. Mit den Arbeitsagenturen plant es ausbildungsbegleitende Hilfen, die ihren Schwerpunkt in den Betrieben und nicht an Schulen haben, damit schulmüde Jugendliche Lust an einer Ausbildung gewinnen. Diese Akzentverschiebung will das Handwerk auch im Ausbildungspakt von Bundesregierung und Wirtschaft durchsetzen, der im Herbst zur Neuauflage ansteht. (rtr)