Berlin. .

Alle reden vom Fachkräftemangel. Zugleich steht fest: Auch im neuen Ausbildungsjahr fehlen bundesweit rund 106.000 Lehrstellen. Nach Angaben der Bundesagentur für Arbeit (BA) standen Ende Juli 511.000 Bewerberinnen und Bewerbern rund 405.000 betriebliche Ausbildungsplätze zur Verfügung.

Bis Ende Juli hatten sich landesweit 128.120 Jugendliche gemeldet, die einen Ausbildungsplatz suchen. Das waren 380 weniger als zum gleichen Zeitpunkt des Vorjahres. Für 37.020 ist die Suche noch nicht zu Ende. Die Ausbildungsbetriebe meldeten insgesamt seit Oktober des vergangenen Jahres 88.550 Lehrstellen, das waren 4.340 mehr als vor einem Jahr. 19.910 waren Ende des Monats noch frei, gegenüber dem Vorjahr waren das 1.640 oder rund 9 Prozent mehr.

In Nordrhein-Westfalen sieht die Lage noch schwieriger aus: Hier verzeichnete die Landesagentur für Arbeit 37.020 Bewerberinnen und Bewerber auf der Suche nach einer Lehrstelle. 19.910 waren zu dem Zeitpunkt noch nicht besetzt. Christiane Schönefeld, Chefin der NRW-Regionaldirektion will angesichts der Veränderungen auf dem Ausbildungsmarkt die Schülerinnen und Schüler früher und intensiver bei der Berufswahl unterstützen: „Wir sind seit drei Jahren gemeinsam mit den Schulen auf einem guten Weg und haben die Berufsorientierung in den Schulen langfristig in den Unterricht eingebaut. Wir setzen auf Beratung und Information, Berufswahltests und Praktika. Wer sich für einen Ausbildungsberuf entscheidet, von dem er nur die schönen Seiten kennt, scheitert.“

Guter Abschluss reicht nicht

Die erreichten Schulabschlüsse der Bewerberinnen und Bewerber bei den Agenturen für Arbeit geben laut Schönefeld keine Hinweise darauf, dass die fehlende schulische Qualifikation ein Kernproblem des Ausbildungsmarktes sein könnte. Rund 67 Prozent der Bewerber hätten einen Realschul- oder höheren Abschluss. Auch bei den Bewerbern, die noch keine Lehrstelle gefunden haben, könnten 63 Prozent einen Abschluss oberhalb der Hauptschule vorweisen.

„Diese Situation fügt sich nahtlos in die dramatische Entwicklung der letzten Jahre und stellt der Wirtschaft und der Bundesregierung ein schlechtes Zeugnis aus“, kritisierte René Rudolf, der Bundesjugendsekretär des Deutschen Gewerkschafts-Bundes (DGB) in Berlin. „Trotz Ausbildungspakt und Beteuerungen bleibt das Angebot an Ausbildungsplätzen laut dem Nationalen Bildungsbericht in fast allen Berufen hinter der Nachfrage zurück,“ so Rudolf weiter. Und: „Jahr für Jahr landen fast 400.000 Jugendliche im sogenannten ‘Übergangssystem’ zwischen Schule und Beruf – ohne Chance auf eine voll qualifizierende Ausbildung.“

Knapp jeder vierte Betrieb bildet aus

Nach wie vor, so der DGB, beteiligten sich weniger als ein Viertel aller Unternehmen in Deutschland aktiv an der betrieblichen Ausbildung. Dieser Anteil müsse kurzfristig und unabhängig von der Konjunktur im Sinne der beruflichen Zukunft aller Jugendlichen erhöht werden. Dies sei auch notwendig, um den künftigen Bedarf an gut ausgebildeten Fachkräften zu erhöhen.

Die Tatsache, dass in Deutschland mehr als 1,5 Millionen Menschen im Alter von 20 bis 29 Jahren (das sind 17 Prozent der Altersgruppe) keinen Berufsabschluss haben, ist für die DGB-Jugend inakzeptabel. „Die junge Generation hat ein Recht auf eine Perspektive im Berufsleben, ohne Langzeitarbeitslosigkeit und prekäre Beschäftigung“, forderte René Rudolf.