Berlin. .

Der Zuwanderungsvorschlag von Bundeswirtschaftsminister Brüderle findet wenig Applaus. Kanzlerin Merkel sieht derzeit keinen Bedarf für ein Begrüßungsgeld.

Bundeswirtschaftsminister Rainer Brüderle stößt mit seinem Vorschlag eines Begrüßungsgeldes für ausländische Facharbeiter auf breite Ablehnung. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) lehnt eine rasche gesetzliche Neuregelung des Zuzugs hochqualifizierter Ausländer ab. Das am 1. Januar 2009 in Kraft getretene Arbeitsmigrationssteuerungsgesetz „entfaltet positive Wirkung“, sagte Vizeregierungssprecher Christoph Steegmans am Montag in Berlin. Eine Novellierung erscheine derzeit nicht erforderlich. Die Bundeskanzlerin sei der Auffassung, dass erstmal an der Umsetzung vorhandener Richtlinien gearbeitet werden soll.

Durch das Arbeitsmigrationssteuerungsgesetz war die Mindesteinkommensgrenze für die Erteilung einer Niederlassungserlaubnis an Hochqualifizierte von 86 400 Euro auf 63 600 Euro gesenkt worden. Bundeswirtschaftsminister Rainer Brüderle (FDP) kündigte kürzlich an, ausländischen Arbeitnehmern den Zuzug weiter erleichtern zu wollen. Er hatte unter anderem eine „Lockprämie“, eine Art Begrüßungsgeld, ins Gespräch gebracht.

BA-Chef: Eigene Potenziale im Land nutzen

Der Chef der Bundesagentur für Arbeit (BA), Frank Jürgen Weise, der CSU-Vorsitzende Horst Seehofer und die Linken sprachen sich gegen den Vorstoß aus. BA-Chef Weise sagte der „Financial Times Deutschland“: „Das vorhandene Potenzial im Land sollte erst einmal genutzt werden. Wir können nicht zulassen, dass Menschen in Arbeitslosigkeit sind, nur weil ihre Talente nicht genutzt werden.“ Statt auf schnelle Zuwanderung zu setzen, sollten die Betriebe attraktive Angebote entwickeln.

Weise sieht die Anwerbung von Fachkräften erst als zweiten Schritt. „Wer qualifizierte Kräfte haben und halten will, muss etwas bieten. Das können die Unternehmen selbst gestalten, da braucht man nicht nach dem Gesetz zu rufen.“ So hindere die mangelhafte Kinderbetreuung viele qualifizierte Frauen daran zu arbeiten. „Das Kinderbetreuungsangebot reicht nicht aus, und die Kommunen haben in der Krise keinen Spielraum. Es ist auch Sache von Arbeitgebern und Arbeitnehmern, das so zu organisieren, dass Familie und Beruf vereinbar sind.“

Seehofer sprach sich ebenfalls gegen ein Begrüßungsgeld aus. Er sagte am Sonntag in der ARD, es gebe andere Möglichkeiten. „Erstens, dass wir das hier lebende Arbeitskräfte-Potential ausnutzen. Wir haben ja noch über drei Millionen Arbeitslose.“ Zweitens komme im Mai 2011 die Arbeitnehmer-Freizügigkeit in Europa. Drittens könnten Betriebe heute schon Fachkräfte ins Land holen. Eventuell müssten deshalb die Einkommensgrenzen für den Zuzug gesenkt werden.

Linke fordert Investitionen in Ausbildung und Qualifizierung

Jutta Krellmann, Sprecherin der Linken-Fraktion für Arbeit, lehnte die Brüderle-Prämie ebenfalls ab. Der Fachkräftemangel sei nicht vom Himmel gefallen, sondern das Ergebnis einer völlig falschen Politik. „Wer qualifizierte Arbeitskräfte haben will, muss auch in Ausbildung und Weiterqualifizierung investieren, statt in diesen Bereichen immer weiter zu sparen.“

Brigitte Pothmer, Grünen-Sprecherin für Arbeitsmarktpolitik, erklärte, nur wenn Arbeitssuchende in Deutschland besser qualifiziert würden und der Zuzug von ausländischem Fachpersonal erleichtert werde, könne der Fachkräftemangel erfolgreich bekämpft werden. Beides sei erforderlich. Die Bundesregierung schaffe aber weder das eine noch das andere. (apn/ddp/rtr)