Brüssel. .

Der Rückzug der WAZ-Mediengruppe aus Serbien hat westliche Politiker alarmiert. Nun wird sich das EU-Parlament mit dem seltsamen Umgang der Belgrader Regierung mit Investoren befassen.

Der Rückzug der WAZ-Mediengruppe aus Serbien wird das EU-Parlament beschäftigen. Jelko Kacin, Serbien-Berichterstatter im EP, will den Vorgang kritisch in seiner Beschlussvorlage aufgreifen. Dass die WAZ-Gruppe ihr Engagement in Serbien beende, sei „keine gute Nachricht für die Freiheit der Me­dien und die Anziehungskraft für ausländische Investitionen“. Es sei „ein ziemlicher Wi­derspruch“, dass Serbien en­­gere Beziehungen zur EU wünsche und zugleich von der Aussperrung eines wichtigen Investors wie der WAZ-Gruppe rede. Ein solches Verbot hat­te der serbische Wirtschaftsminister Dinkic in ei­nem Zeitungsinterview gefordert. NRW-Ministerpräsident Rüttgers und der Ostausschuss der deutschen Wirtschaft drück­ten ihr Befremden aus.

Der Hintergrund: Mladan Dinkic ist Serbiens Wirtschaftsminister. Als solcher unterscheidet er scharf zwischen Investoren, die er haben möchte, und solchen, die er lieber vor die Tür setzt. Um die einen hat Dinkic am Mittwoch in Stuttgart höchstpersönlich geworben. Einem anderen hatte er zuvor verbale Fußtritte versetzt. Dass beides gut zusammen passt, leuchtet auch in Serbien nicht allen ein.

Kein Zugriff erhalten

Es geht um den angekündigten Rückzug der WAZ-Mediengruppe aus Serbien. „Nach einer solchen Mitteilung gibt es für die WAZ keinen Platz in Serbien”, verkündete Dinkic. Wer schlecht über Serbien spreche, solle weg bleiben. Wenn die WAZ versuche, sich hinten herum wieder auf den serbischen Medienmarkt zu schleichen, müsse ihr das verboten werden.

Die WAZ-Gruppe hatte den Novosti-Verlag gekauft und bezahlt, ohne freilich jemals Zugriff auf das Unternehmen zu bekommen. Nun sind die Essener dabei, ihr Eigentum im Ausland eintragen zu lassen – nicht um doch in Serbien zu bleiben, sondern um beim Rückzug wenigstens das eingesetzte Geld zurück zu bekommen. Den Wunsch Dinkics, Serbien den Rücken zu kehren, werde man erfüllen, erklärte WAZ-Geschäftsführer Bodo Hombach. Dass man nicht wiederkomme, könne er versprechen. „Wir sind aber nicht auf der Flucht, und wir haben keine Lust, uns ausrauben zu lassen.”

Auch in Belgrad Befremden

Auch in Belgrad stießen Dinkics scharfe Töne nicht auf ungeteilten Beifall. Wie in Regierungskreisen zu erfahren war, wurde dem hitzigen Minister bedeutet, er habe überzogen. Die Regierung als ganze werde sich die Parolen nicht zu eigen machen.

In der Belgrader Koalition ist der staatliche Zugriff auf die beiden wichtigsten Zeitungen unter den Parteien aufgeteilt. Die Demokratische Partei des Präsidenten Boris Tadic ist Geschäftspartner der WAZ – je 50 Prozent – bei der Tageszeitung Politika. Dinkics Partei G17 Plus kontrolliert 30 Prozent der Novosti. In deren Spalten ist der 46-Jährige, einst Finanzminister und Notenbankchef, Kabinettsfavorit. Das war nicht immer so: Zu Zeiten der vorigen Regierung unterstützte das Blatt noch den nationalistischen Ministerpräsidenten Vojislav Kostunica und ging mit Dinkic und den Seinen sehr ungnädig um.

In Stuttgart warb der Serbe bei der Automotive-Messe um das Interesse deutscher Anleger. Der baden-württembergische Europaminister Wolfgang Reinhart vermittelte dem Gast allerdings, dass die Lust potenzieller Investoren auch davon abhänge, wie Belgrad aktuelle Investoren behandle. Reinhart war unter anderem von NRW-Ministerpräsident Jürgen Rüttgers und dem Vorsitzenden des Ostausschusses der Deutschen Wirtschaft, Klaus Mangold, gebeten worden, die Sache anzusprechen. Das habe er „sehr deutlich” getan, hieß es in Teilnehmerkreisen. Dinkic habe sich überrascht gezeigt, dass seine Anwürfe bereits in Deutschland Kreise zögen. Ansonsten habe er den Konflikt um das WAZ-Engagement in Serbien als Auseinandersetzung von „Geschäftsleuten mit großem Ego” hingestellt.

Das wird kaum reichen. Die Vorgänge um die WAZ-Gruppe in Serbien werden auch von zuständigen Bundesministerien genau verfolgt. Mangold will seinerseits auch direkt auf die „absolut skandalösen” Einlassungen Dinkics reagieren. Das EU-Parlament wird sich spätestens im Herbst damit befassen, wie hier ein großer ausländischer Investor vergrault wurde.