Berlin.

Joachim Gauck hat mit seiner Grundsatzrede den Nerv der Zuhörer getroffen: Der Präsidentschaftskandidat von SPD und Grüne warb in Berlin für Freiheit und Tatkraft in der Krise. Unter den begeisterten Zuhörern war auch ein prominenter CDUler.

Der Kandidat von SPD und Grünen für das Amt des Bundespräsidenten, Joachim Gauck, hat Wirtschaft, Politik und Parteien gegen wachsende Kritik verteidigt. Der ehemalige Bürgerrechtler warnte am Dienstag in einer Grundsatzrede im Deutschen Theater davor, die Grundlagen von Freiheit und Demokratie in Zeiten der Krise infrage zu stellen. Stattdessen sei Tatkraft gefragt: „Wir haben den vorhandenen Sachverstand und unseren - freilich dürren - Mut zusammenzubringen, um den aktuell nächsten Schritt zu tun.“

Die Zuschauer des überfüllten Deutschen Theaters quittierten die Rede mit minutenlangem Beifall. Zu den Gästen zählte auch der frühere sächsische Ministerpräsident Kurt Biedenkopf (CDU), der sich zum Ärger seiner Partei für die Freigabe der Abstimmung in der Bundesversammlung ausgesprochen hat. Biedenkopf erhob sich nach der Ansprache mit den anderen Zuschauern von seinem Sitz, um Gauck zu applaudieren und zu gratulieren.

SPD-Chef Sigmar Gabriel wertete das Kommen von Biedenkopf als „großartiges Signal“, die Grünen-Vorsitzende Claudia Roth zeigte sich begeistert. „Joachim Gauck hat eine reale Chance, es sei denn, Union und FDP machen aus der Bundesversammlung eine Delegiertenversammlung“, sagte Gabriel nach der Veranstaltung. Der Koalition warf er vor, kritische Geister systematisch auszugrenzen. „Da zeigt der Parteienstaat noch einmal die Fratze, die die Leute ohnehin vermuten.“

Monika Maron wirft Parteien „Selbstermächtigung“ vor

Die Schriftstellerin Monika Maron warf den Parteien in ihrer Eingangsrede eine „Selbstermächtigung“ vor, weil sie die Wahl des Staatsoberhauptes der Parteidisziplin unterwerfen wollten. Gauck grenzte sich davon jedoch ab. „Wir brauchen unsere Parteien, weil wir ohne sie noch langsamer, ineffizienter wären“, betonte er. Zugleich warnte er davor, als Konsequenz aus der Krise die Freiheit der Wirtschaft einzuschränken. Wer das wolle, werde „immer mehr verlieren als gewinnen“. Nötig seien stattdessen feste Regeln.

Indirekt ging Gauck auf Distanz zur Linkspartei: „Wenn ich also die höre, die den Systemwechsel nahelegen, und gleichzeitig diese unglaublichen Vorstellungen über die Versorgung der Schwachen höre, frage ich mich doch, wie soll das gehen, wenn wir keine Wirtschaft haben, die diese ungeheuren Summen erbringt.“ (apn)