Berlin. .

52 Prozent der Bundesbürger geben dem niedersächsische Ministerpräsidenten Christian Wulff (CDU) die größten Chancen, neuer Bundespräsident zu werden. Das ist das Ergebnis einer Meinungsumfrage des Instituts Emnid.

Die Mehrheit der Bundesbürger sieht den CDU-Politiker Christian Wulff im Berliner Schloss Bellevue. Nach einer repräsentativen Emnid-Umfrage für „Bild am Sonntag“ rechnen 52 Prozent der Deutschen damit, dass der niedersächsische Ministerpräsident am 30. Juni von der Bundesversammlung zum Nachfolger des zurückgetretenen Bundespräsidenten Horst Köhler gewählt wird. Dem Kandidaten von SPD und Grünen, Joachim Gauck, räumen nur 31 Prozent Chancen ein.

Dessen ungeachtet halten nach der Umfrage 39 Prozent den ehemaligen DDR-Bürgerrechtler und Stasi-Aufklärer Gauck für den besseren Präsidenten - fünf Prozentpunkte mehr als vor einer Woche. Aber auch Wulff konnte in der Gunst der Deutschen zulegen: 37 Prozent halten den Kandidaten von Union und FDP für die bessere Wahl (Vorwoche: 32 Prozent).

Merkel sieht Bundespräsident als Parteien-Amt

Die Bundeskanzlerin und CDU-Vorsitzende Angela Merkel warb erneut eindringlich für Wulff. Das höchste Amt im Staat müsse jemand ausüben, „der über politische Erfahrung verfügt und aus der Mitte der Parteien kommt“, sagte Merkel am Samstag bei einer Kreisvorsitzendenkonferenz der CDU in Berlin. Auch müsse das Amt von jemandem ausgefüllt werden, „der nicht glaubt, dass das Amt gut ausgeübt werden kann, wenn es gegen die Parteien ausgeübt wird.“

Bundesarbeitsministerin Ursula von der Leyen (CDU) bestritt, dass das Schicksal der schwarz-gelben Bundesregierung vom Ausgang der Wahl des Bundespräsidenten abhängt. „Das ist ein Meilenstein, aber daran scheitert keine Regierung“, sagte von der Leyen, die selbst als Kandidatin für das höchste Staatsamt gehandelt worden war.

Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) sieht die Wahl des Bundespräsidenten „völlig entspannt“. CDU, CSU und FDP hätten mit Wulff „einen sehr guten Kandidaten“ Niemand bestreite, dass Gauck „eine respektable Person“ sei. Allerdings handle es sich bei seiner Kandidatur „um ein Machtspiel“ von SPD und Grünen.

Linken-Vordenker Brie wirbt für Gauck

Der langjährige Linke-Vordenker André Brie rief derweil entgegen der offiziellen Parteilinie zur Wahl Gaucks auf. Zwar sollten die Linken-Wahlleute in der Bundesversammlung zunächst für ihre eigene Kandidatin Luc Jochimsen stimmen, dann aber im dritten Wahlgang umschwenken. Dies wäre „ein starkes und aus meiner Sicht richtiges Signal dafür, dass die Linke fähig und bereit ist, die freiheitliche Kritik Gaucks ernst und aktiv in die eigene Auseinandersetzung mit dem untergegangenen Staatssozialismus aufzunehmen“, sagte Brie.

Erst kürzlich hatte der ehemalige Linke-Chef Oskar Lafontaine Gauck scharf angegriffen und ausgeschlossen, dass die Linkspartei für den Ex-DDR-Bürgerrechtler stimmen könnte. SPD-Chef Sigmar Gabriel sagte zu Lafontaines Vorwürfen, Gauck habe indirekt von der Stasi profitiert: „Das ist infam und unverschämt.“ Die Linkspartei verpasse die Chance, „sich mit einer Zustimmung zum Stasi-Aufklärer Joachim Gauck endlich vom DDR-Erbe zu distanzieren“.

Gauck kritisierte, es gebe in der Linken immer noch Personen, die das alte DDR-System als fortschrittlich verkaufen wollten. „Für mich aber war und bleibt die DDR ein Unrechtstaat“. Zugleich beklagte er die soziale Ungerechtigkeit der Politik der schwarz-gelben Bundesregierung. (ddp)