Berlin. .
Die SPD stellt sich auf eine Kraftprobe um den Bestand der Gewerbesteuer ein. Der Plan der Regierung, die Steuer abzuschaffen, sei „ein klarer Angriff auf die Kommunen“, sagte SPD-Generalsekretärin Andrea Nahles der WAZ-Mediengruppe. Das werde ihre Partei verhindern.
„Die Regierung wird damit nicht durchkommen“, versicherte Nahles. Für die Streichung der Gewerbesteuer braucht die Regierung die Zustimmung des Bundesrats. Die SPD will die Gewerbesteuer weiterentwickeln und auf die freien Berufe ausweiten. Nahles: „Warum muss ein Handwerker Gewerbesteuer zahlen, die Anwaltskanzlei direkt nebenan aber nicht?“ Um die dramatische Finanzlage der Kommunen nicht noch weiter zu verschärfen, dürfe es keine Eingriffe in die Gewerbesteuer geben. Der Plan der Regierung, sie durch Aufschläge auf die Einkommenssteuer zu ersetzen, würde „neue große Löcher in die kommunalen Haushalte reißen“.
Städte und Kommunen wehren sich gegen Experimente
Den Kommunen dämmert es langsam, dass Kanzlerin Angela Merkel (CDU) die Pläne vorantreibt, die Gewerbesteuer abzuschaffen. Die Gespräche im Kanzleramt mit den Vertretern der Länder und der Kommunen werden nicht pro Forma geführt. Für Merkel ist der Auftrag von „erheblicher Bedeutung“. Bevor sie in Urlaub ging, machte sie auf die Geldnot der Kommunen aufmerksam und verwies auf mehrere „große Städte“ in NRW. Im Klartext: Sie sollten selber ein großes Interesse daran haben, sich finanziell besserzustellen.
Die Idee, die Gewerbesteuer abzuschaffen, ist das Modell der FDP. Auf ihr Drängen wurde die Forderung im Koalitionsvertrag aufgenommen. Und wenn der Eindruck nicht täuscht, läuft es im Herbst auf eine Alternative hinaus. Entweder lässt sich der Bund eine Ersatzlösung einfallen und macht den Gemeinden ein milliardenschweres Angebot, das sie nicht ablehnen können. Oder? Es gibt ein Scheitern mit lautem Getöse.
Die SPD ist schon auf Krawall gebürstet
SPD-Generalsekretärin Andrea Nahles stimmt sich darauf ein. Sie spricht von einem „klaren Angriff auf die Kommunen“. Die SPD werde das verhindern. „Die Bundesregierung wird damit nicht durchkommen“, sagte sie dieser Zeitung. Tatsächlich wäre es ein Leichtes, Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) zu stoppen. Für eine Abschaffung müsste das Grundgesetz wohl geändert werden. Das setzt eine Zwei-Drittel-Mehrheit voraus. Und nicht nur die SPD, auch der bayrische Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) will im Bundesrat keine „Reform gegen den Willen der kommunalen Familie“ mittragen. Er sei „in hohem Maße skeptisch, ob es überhaupt eine tragfähige Alternative zur Gewerbesteuer gibt“, so Seehofer letzte Woche vor dem bayrischen Städtetag.
Doch dessen ungeachtet lässt Schäuble in Berlin rechnen. Den Verzicht auf die Gewerbesteuer will er den Kommunen leicht machen. Sie sollen an der Einkommenssteuer beteiligt werden. Das würde „neue große Löcher in die kommunalen Haushalte reißen“, hält Nahles dagegen. Doch Schäuble könnte ihnen einen Teil der steigenden Soziallasten abnehmen und einen höheren Anteil an der Mehrwertsteuer einräumen. Die Frage ist nur, wie lieb und teuer ihm das Projekt ist. Es sei die einzige Steuerreform, für die er seit Wochen werbe, beobachtet das „Handelsblatt“ süffisant. Ist es ihm eine Herzenssache? Will er sich nur nicht dem Vorwurf aussetzen, dass er Wünsche der FDP notorisch hintertreibt? Oder ist das Scheitern programmiert, und die Liberalen sollen mit wehenden Fahnen untergehen?
Städtetag strikt dagegen
Der Städtetag ist strikt gegen Schäubles Pläne. 2009 machte die Gewerbesteuer über 40 Prozent der Einnahmen der Kommunen aus. Sie stellte sich in der Krise als vergleichsweise konjunkturunabhängig heraus. Am liebsten würde man sie ausbauen: Auf freie Berufe ausweiten oder auch die Bemessungsgrundlage verbreitern. Nahles pflichtet bei: „Warum muss ein Handwerker Gewerbesteuer zahlen, die Anwaltskanzlei direkt nebenan aber nicht“. Während die SPD die Chance wittert, Merkel vorzuführen, pokern die kommunalen Spitzenverbände. Sie sehen „nach derzeitigem Stand“ keine realistische Alternative zur Gewerbesteuer. Das kann Schäuble ändern.