Karlsruhe. .

Der Wettermoderator Jörg Kachelmann ist aus der Untersuchungshaft entlassen worden. Das hatte das Oberlandesgericht Karlsruhe am Donnerstag angeordnet. Er wird beschuldigt, seine langjährige Freundin vergewaltigt zu haben.

Nach rund vier Monaten ist TV-Wettermoderator Jörg Kachelmann nun doch aus der Untersuchungshaft freigelassen worden. Das Oberlandesgericht Karlsruhe hatte am Donnerstag überraschend den Haftbefehl gegen den 52-Jährigen aufgehoben. Damit war die Haftbeschwerde des Schweizers der wegen schwerer Vergewaltigung vor dem Landgericht Mannheim angeklagt ist, erfolgreich. Das Landgericht hatte seinen Antrag noch vor wenigen Wochen als unbegründet verworfen. Mittlerweile hat Kachelmann das Gefängnis verlassen.

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Von DerWesten

Der Dritte Strafsenat begründete seine Entscheidung vom Donnerstag damit, dass die Nebenklägerin die einzige Belastungszeugin sei und deshalb „Aussage gegen Aussage“ stehe. Bei der Nebenklägerin könnten Falschbelastungsmotive nicht ausgeschlossen werden. Sie habe bei der Anzeigeerstattung und im Ermittlungsverfahren teils unzutreffende Angaben gemacht. Es könne nicht ausgeschlossen werden, dass sie sich die Verletzungen selbst beigebracht habe, hieß es. Nach all dem bestehe kein dringender Tatverdacht, so dass der Haftbefehl aufzuheben sei.

Zweifel an Opfer-Aussagen

An der Aussage des vermeintlichen Opfers waren früh Zweifel aufgekommen. Bei ihrer Anzeige hatte sie angegeben, erst am Tag der Tat von einer anderen Beziehung Kachelmanns erfahren zu haben. Später stellte sich jedoch heraus, dass sie seit längerem eingeweiht war und einen Brief der Nebenbuhlerin an sich fingiert hatte. Anfang Juni warf ein Glaubhaftigkeitsgutachten neue Zweifel an der Aussage auf. Darin bemängelte eine Bremer Psychologin, dass die Frau die Tat selbst bei eingehender Befragung nur vage und oberflächlich wiedergeben könne. Es würden auch Sachverhalte dargestellt, die handlungstechnisch unwahrscheinlich bis unmöglich seien. Außerdem habe die Frau erst in der vierten Vernehmung Lügen hinsichtlich des Verhaltens vor der Tat eingeräumt.

Trotz dieser Vorbehalte gegenüber dem mutmaßlichen Opfer hielt die Staatsanwaltschaft an ihrer Auffassung fest und erhob Anklage. Kachelmann blieb in Untersuchungshaft, da auch das Landgericht Mannheim seine Haftbeschwerde in der Vorinstanz als unbegründet verworfen hatte. Auch die Generalstaatsanwaltschaft hatte eine Fortdauer der Haft gefordert. Das Karlsruher OLG wandte sich mit seiner Entscheidung nun dagegen.

Der Strafsenat erklärte , dass ein Unterschied zwischen Haftbefehl und Anklage bestehe. Für einen Haftbefehl sei der dringende Tatverdacht Voraussetzung, für eine Anklage der einfache Tatverdacht.

Kachelmann bleibt bis zum Prozessbeginn auf freiem Fuß

Bis zu seinem Prozessbeginn wegen schwerer Vergewaltigung in Tateinheit mit schwerer Körperverletzung am 6. September bleibt Kachelmann nach seiner noch für Donnerstag erwarteten Entlassung aus der U-Haft nun auf freiem Fuß. Er war am 20. März auf dem Frankfurter Flughafen festgenommen worden und befand sich seitdem in Untersuchungshaft. Laut Anklage soll er seine langjährige Freundin in der Nacht zum 9. Februar 2010 bei einem Streit in ihrer Wohnung in Schwetzingen mit einem Messer bedroht und vergewaltigt haben. Kachelmann selbst bestreitet die Vorwürfe.

Die Verteidigung sieht - nicht zuletzt unter Berufung ein Gutachten im Auftrag der Staatsanwaltschaft - starke Zweifel an der Glaubwürdigkeit der Hauptbelastungszeugin. Sie spricht von einer falschen Beschuldigung und hatte daher Haftbeschwerde eingelegt. Diese richtet sich gegen den Beschluss des Landgerichts Mannheim vom 1. Juli, mit dem der Antrag auf Aufhebung des Haftbefehls zurückgewiesen wurde. Die Fünfte Große Strafkammer hatte die Aussagen der Ex-Freundin Kachelmanns als glaubwürdig bezeichnet. Da ihm bei einer Verurteilung eine Haftstrafe zwischen fünf und 15 Jahre drohe, bestehe ein erheblicher Fluchtanreiz. Auch die Generalstaatsanwaltschaft Karlsruhe trat dem Antrag auf Aufhebung des Haftbefehls entgegen.

Mit dem Beschluss des Oberlandesgerichts setzte sich aber am Donnerstag die Verteidigung durch.

„Auferstehung der Unschuldsvermutung und Rückkehr der Rechtsstaatlichkeit“

Kachelmanns Anwalt, Reinhard Birkenstock, begrüßte, dass der Beschluss des OLG einem „Justizskandal Grenzen gesetzt“ habe. „Ihm verdanken wir in diesem Verfahren die Auferstehung der Unschuldsvermutung und die Rückkehr der Rechtsstaatlichkeit“, hieß es in einer Mitteilung. Gemeinsam mit dem 52-Jährigen werde nun weiter konzentriert die Hauptverhandlung vorbereitet, der man zuversichtlich entgegensehe.

Der Jurist dankte darüberhinaus allen, die den Moderator und seine Verteidigung auf dieser „harten Strecke der ungerechten Haft und der persönlichen Verunglimpfung“ unterstützt hätten, den Sachverständigen, deren Gutachten die Wahrheit ans Licht gebracht habe, sowie den Mitgefangenen und Mitarbeitern der JVA Mannheim für die „faire Behandlung“.

Schweiz würde Kachelmann nicht ausliefern

Wettermoderator Jörg Kachelmann würde von der Schweiz nicht an Deutschland ausgeliefert werden. In der Bundesverfassung sei der Grundsatz verankert, eigene Staatsangehörige nicht auszuliefern, sagte der Sprecher des Schweizer Bundesamts für Justiz, Folco Galli, am Donnerstag der Nachrichtenagentur ddp in Bern. Sollte der am Donnerstag aus der Untersuchungshaft entlassene Kachelmann also in seine Heimat zurückkehren und nicht zum Prozessauftakt in Mannheim erscheinen, wäre er dem direkten Zugriff der deutschen Justiz entzogen.

Galli zufolge würden in diesem Fall „theoretisch“ zwei Alternativen bleiben. Die deutschen Behörden könnten die Schweiz ersuchen, das Verfahren gegen den 52-Jährigen wegen des Vorwurfs der Vergewaltigung stellvertretend im eigenen Land zu führen. Ferner besteht dem Justizsprecher zufolge die Möglichkeit, ein in Abwesenheit Kachelmanns gefälltes Urteil eines deutschen Gerichts in der Schweiz vollstrecken zu lassen.

Kachelmann war am Donnerstag ohne Auflagen aus der Untersuchungshaft entlassen worden. Er darf somit auch ins Ausland reisen. (apn/ddp/ap)