Wiesbaden. Die Zahl der Geburten ist entgegen der Prognose von Bundesfamilienministerin Ursula von der Leyen 2008 zurückgegangen. Die Ministerin zeigte sich am Dienstag überrascht von der Entwicklung und forderte gezielte Hilfe für Familien.

Die Geburtenzahl in Deutschland war im vergangenen Jahr rückläufig. Wie das Statistische Bundesamt am Dienstag in Wiesbaden mitteilte, kamen 2008 nach vorläufigen Ergebnissen rund 675 000 Kinder lebend zur Welt. Das waren 1,1 Prozent weniger als im Jahr 2007, als etwa 683 000 Neugeborene das Licht der Welt erblickten. Familienministerin Ursula von der Leyen (CDU) hatte noch im Februar einen Anstieg der Geburten verkündet. Über die tatsächliche Entwicklung zeigte sich die Ministerin am Dienstag überrascht. Die bis dahin bekannte Statistik bis September 2008 hatte einen Aufwärtstrend an Geburten angedeutet, der sich durch die Zahlen des letzten Quartals 2008 jedoch nicht bestätigt hatte.

Von der Leyen: Eltern brauchen gezielte Hilfe

Von der Leyen sprach am Dienstag von einem «ungewöhnlichen Einbruch der Geburtenzahlen im letzten Quartal 2008», den niemand habe vorhersehen können. Der vorläufige Anstieg der Zahlen bis September 2008 und der anschließende Rückgang zeigten, dass der Mut zu Kindern noch «ein zartes Pflänzchen» sei, sagte die Ministerin. Junge Familien bräuchten gezielte Hilfen wie das Elterngeld, verständnisvolle Arbeitgeber und eine gute Kinderbetreuung. «Hier müssen wir einfach noch besser werden», unterstrich von der Leyen.

Um Paaren in Deutschland die Entscheidung für Nachwuchs zu erleichtern, setzt die Familienministerin auf den Ausbau der Kinderbetreuung bis 2013 und den danach in Kraft tretenden Rechtsanspruch auf einen Kita-Platz für Kinder unter drei Jahren. An die Arbeitgeber appellierte von der Leyen, sie sollten gerade in Krisenzeiten ihre top ausgebildeten Fachkräfte nicht in andere Länder ziehen lassen, wo die Vereinbarkeit von Beruf und Familie schon Alltag sei.

Zukunftsperspektiven geben

Die familienpolitische Sprecherin der Grünen, Ekin Deligöz, kommentierte das vorläufige Ergebnis der Statistik für 2008 im Hinblick auf Äußerungen der Familienministerin vom Februar mit den Worten: «Die Feier ist vorbei.» Weder der «im Schneckentempo» vorwärtsgehende Ausbau der Kindertagesbetreuung noch das Elterngeld hätten dazu geführt, dass sich mehr junge Menschen für Kinder entschieden. Deligöz betonte, die Aufgabe der Familienpolitiker sei es nicht, Bevölkerungspolitik zu betreiben. «Wir müssen Politik für Familien und Kinder machen und alles daran setzen, dass jedes Kind, das bereits auf der Welt ist, eine Zukunft hat», resümierte sie.

Statt «Scheinerfolge» zu feiern sei es an der Zeit, das «überholte Ehe- und Familienfördersystem vom Kopf auf die Füße zu stellen», forderte Deligöz. Von den derzeitigen Regelungen profitierten Familien mit hohen Einkommen überproportional. Nötig sei aber eine Kindergrundsicherung, «die bestehende familienpolitische Leistungen gerecht und zielgenau verteilt», sagte Deligöz.

Mehr Sterbefälle als Neugeborene

In der Bevölkerungsstatistik erhöhte sich die Zahl der Sterbefälle des vergangenen Jahres um 20 000 gegenüber 2007 (plus 2,4 Prozent) auf 844 000. Damit wurden 2008 rund 169 000 weniger Kinder geboren als Menschen verstarben. 2007 lag die rechnerische Lücke zwischen Neugeborenen und Verstorbenen bei 141 000.

Wie die Statistiker weiter mitteilten, heirateten im vergangenen Jahr 375 000 Paare. Im Jahr 2007 waren es 368 000. Damit ist die Zahl der Eheschließungen im Vergleichszeitraum um 1,8 Prozent gestiegen. (ddp)

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