Brüssel. Auch der neue Vorschlag für ein gemeinsames EU-Ansiedlungsprogramm bleibt halbherzig. Anstatt einen gerechten Verteilungsschlüssel festzulegen, pochen die EU-Minister auf Freiwilligkeit. Europa aber braucht mehr als nur Gesten.
Aus Angst vor Folter und Tod flüchten jedes Jahr Zehntausende Menschen aus Afghanistan, Pakistan oder dem Irak. Sie hoffen auf ein besseres Leben in einem goldenen Europa - doch das weiß nicht, wie es mit dem Ansturm umgehen soll. Die EU-Länder am Mittelmeer igeln sich ein. Sie ziehen ihre Grenzen hoch, drängen Flüchtlinge zurück, schieben sie ab in ihre Heimatländer – und verlagern damit das Problem. Kriminelle Schlepperbanden suchen immer neue Wege. Und der Norden sieht tatenlos zu.
Binnenländer sind im Vorteil
Eine gemeinsame Flüchtlings- und Asylpolitik bleibt in der EU ein frommer Wunsch ebenso wie eine faire Lastenteilung zwischen den Ländern. Seit Jahren stocken wichtige Vorhaben wie die Reform der so genannten Dublin-Regelung: Danach muss jeder Asylsuchende in dem Land seinen Antrag stellen, in dem er in die EU eingereist ist. Länder wie Deutschland oder Österreich sind im Vergleich zu den Mittelmeeranrainern fein raus. Sie wollen an dem System wenig ändern und schieben die Verantwortung für das Flüchtlings-Elend lieber von sich.
So wundert es nicht, dass auch der neue Vorschlag für ein gemeinsames EU-Ansiedlungsprogramm halbherzig bleibt. Anstatt einen gerechten Verteilungsschlüssel festzulegen, pochen die EU-Minister auf Freiwilligkeit. Anstatt verbindliche Regeln aufzustellen, kocht jeder lieber sein eigenes Süppchen – betont gleichzeitig aber fleißig seinen guten Willen.
Einheitliche Standards nötig
Europa braucht mehr als Gesten, es braucht Taten. Das heißt nicht, dass es die Außengrenzen öffnen und jeden aufnehmen soll, der Einlass begehrt. Das wäre den alteingesessenen Europäern zu Recht auch schwer zu vermitteln. Aber es muss endlich einheitliche Kriterien geben, wie mit Flüchtlingen, mit legalen wie mit illegalen Einwanderern umgegangen werden soll. Die europäische Gemeinschaft braucht verbindliche Standards für Auffanglager – die Zustände in einigen Flüchtlingszentren Griechenlands zum Beispiel sind menschenunwürdig. Sie braucht einheitliche Regeln für Asylanträge – und sie braucht mehr Solidarität untereinander, damit die EU-Staaten im Süden wirklich Hilfe bei den Flüchtlingsströmen bekommen.
Das schuldet sie den Menschen, die Schutz in Europa suchen. Und das schuldet sie sich selbst, wenn sie die Menschenrechte weiter hoch halten will.