Gelsenkirchen. Der Biathlon an der Veltins-Arena auf Schalke ist – auch – ein sportliches Ereignis. 50 000 Zuschauer kamen am Montag und feierten sich und die Sportler.

Der Heilige Rasen liegt schon zehn Tage draußen, an diesem Montag gehört die Schalker Arena einer Spezies Sportler, die was anderes unter Schusstechnik versteht: Für Biathleten ist der Schnee bereitet, Tännchen und Hüttchen sind aufgebaut auf dem früheren Spielfeld, die Schießbahnen, die Laufbahn mit dem künstlichen Hügelein – winzig wirkt der Biathlon in dem Fußballpalast. Und doch sind fast 50 000 Zuschauer da, feuern die Athleten an, eine Kulisse ist das, die haben sie eigentlich nie auf ihren einsamen Runden. Hop, hop, hop.

Das World Team Challenge

Das World Team Challenge – so nennt sich das Großereignis in der Veltins-Arena – fand bereits zum achten Mal statt. Erstmals wurde diesmal mit Lasergewehren geschossen. Der FC Schalke 04 schickte talentierte Junioren ins Rennen, um die neue Technik zu testen. Bei guten Ergebnissen soll das Lasergewehr das Luftgewehr ersetzen. Vorteil: Der Verein könnte dann Sicherheitsabstände verringern und sogar 61 000 Zuschauer ins Stadion lassen. Gestartet wurde mit dem Junioren-Rennen. Weiter ging's mit Promis am Gewehr, u. a. die Sportlerin des Jahres, Speerwerferin Steffi Nerius, Canadier-Olympiasieger Tomasz Wylenzek und die WM-Dritte im Siebenkampf, Jennifer Oeser. Die Stars der Szene schossen und liefen ab dem späten Nachmittag in zwei Läufen um den Sieg – und zwar in einem Massenstart (erste Halbzeit) und in der Verfolgung (zweite Halbzeit).

Aber ehrlich gesagt, die Musik spielt draußen. Sehr laut. Sie spielt: „Manchmal möchte ich schon mit dir / in der Küche, auf dem Tisch und auf dem Tresen . . .”

Durststrecke überbrücken

Denn neben der Arena ist ein lustiges Hüttendorf aufgebaut, das heißt „Winterdorf” und bietet Verpflegung und allerlei Kurzweil, und schon deutlich vor der Eröffnung streben Pudelmützenköpfe und Skihosenbeine herbei, aus dem Ruhrgebiet und von den Busparkplätzen. Tausende am Morgen, Zehntausende nachmittags: Ist das hier voll! Zwischen Schießständen und Rentier-Rodeo, einer kleinen Rodelbahn, dem Autoparcours mit Hindernissen, dem Autokran mit Aussichtskorb in 50 Metern Höhe, vielem mehr noch.

Alles Dinge, die helfen, die oft als etwas reizarm empfundenen Tage zwischen Weihnachten und Silvester zu überbrücken, diese, wenn man das so sagen darf, Durststrecke. Man empfiehlt einander die Kümmerling-Partyzone oder Glühwein, mit Schuss, wir sind schließlich beim Biathlon.

Hier also spielt die Musik. „Mir geht's so toll / mach die Gläser voll . . .”

Verfrorene Gestalten mit guter Laune, lächelnde Rotnasen, darüber eine Deutschlandmütze oder ein Stoffgeweih. „Hier geht's um Partyleben, der Wettkampf wird ja knapp gehalten”, sagt Lutz Katerbau aus Hallenberg im Sauerland; er betreibt eine Rodelanschiebanlage und ist in der Szene als „Rassel Määän” bekannt, weil die Rassel ihm vom Boden bis zur Hüfte reicht. Man kann sich den Biathlontag auf Schalke also ganz gut so vorstellen wie das Sechs-Tage-Rennen in Dortmund oder Ski-Weltcup in Düsseldorf – Sport gibt's am Rande auch, aber der eine oder andere Besucher käme unter Umständen auch, wenn das Gaudidorf die Deutsche Meisterschaft im Klöppeln garnieren würde.

"Party gehört dazu"

Eingefleischte Biathlon-Anhänger gibt es freilich ebenso, Ute und Wolfgang Wenzel etwa sind eigens aus der Lübecker Gegend angereist: „Ein Fußballer läuft nur rauf und runter”, sagt er: „Bei den Biathleten gibt es diese Kraft und diese Leidenschaft.” „Party gehört dazu, das ist eine Gratwanderung, aber der Sport steht im Vordergrund”, meint Jürgen Hensel aus Willingen. Am besten hat es indes Rudi Assauer schon 2003 gesagt, die „Süddeutsche Zeitung” zitiert den einzigartigen Satz „Das Mekka des Biathlon schlägt auf Schalke.”

Es schlägt morgens, es schlägt nachmittags, es schlägt abends, nach den Rennen ist noch Drinnenfeuerwerk dran, Draußenfeuerwerk, Party, Disco, Tanz; und die Musik spielt: „Heute wird gefeiert / und die Blaskapelle spielt / blasen, blasen, blasen” – so halt. Da sind einige der kurzweiligen Geräte schon außer Betrieb, denn sicher ist sicher und ein Mindestmaß an Körperbeherrschung schon nötig. Ob die Schützen aus Oberhausen wohl noch da sind? 20 Mann hoch, war der „Bürgerschützenverein Osterfeld 1882” morgens erschienen zu einer Mischung aus Schießen gucken und Kameradschaftspflege.

„Vom Event her gut”, sagt der 3. Sportwart Ralf Rump („Rump wie Rumpsteak, nur ohne Steak”), und deshalb wollen sie durchhalten bis zum Schluss: „Um ein Uhr dürften wir alle wieder zu Hause sein.” Die Musik spielt „I will survive.”