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In NRW bekommen immer mehr Kinder Medikamente gegen das so genannte Zappelphilipp-Syndrom ADHS. Laut DAK nimmt in jeder Klasse durchschnittlich ein Schüler Medikamente wie Ritalin. Die Entwicklung schreckt Psychiater und Gesundheitspolitiker gleichermaßen auf.
Immer mehr Kinder in Nordrhein-Westfalen schlucken Medikamente gegen ADHS, das so genannte Zappelphilipp-Syndrom. Mittlerweile nimmt in jeder Klasse durchschnittlich ein Schüler Medikamente wie Ritalin. Darauf hat jetzt die DAK hingewiesen. Bei von der Krankenkasse versicherten Kindern ist die Zahl der Verordnungen solcher Pillen 2008 um 4,1 Prozent im Vergleich zum Vorjahr gestiegen. Die Entwicklung schreckt Psychiater und Gesundheitspolitiker gleichermaßen auf.
Gerd Lehmkuhl ist Direktor der Kinder- und Jugendpsychiatrie der Uni Köln. Er sagt, dass sich die Zahl der Verordnungen von Medikamenten gegen ADHS zwischen 1997 und 2007 verzehnfacht hat. „Diese Zahlen geben Anlass zur Beunruhigung", so Lehmkuhl im Gespräch mit der NRZ. Zurückzuführen sei diese Entwicklung auf eine bessere Früherkennung und Diagnostik; zugleich hätten schulischer Druck und die Erwartungshaltung von Eltern zugenommen.
Aber Lehmkuhl warnt: „Nicht jedes Kind mit ADHS braucht auch Medikamente." Allerdings gebe es noch zu wenige alternative Behandlungsmethoden. So sei das Netz von niedergelassenen Kinder- und Jugendtherapeuten auf dem Land noch viel zu dünn. „Die Versorgung ist alles andere als optimal", so Lehmkuhl.
Laumann ist gegen „pauschale Verordnung"
Auch Landesgesundheitsminister Karl-Josef Laumann (CDU) sieht die Entwicklung kritisch: „Ich bin entschieden gegen eine pauschale und generelle Verordnung dieser Medikamente", sagte er der NRZ. Vor einer Verordnung müsse eine „intensive Diagnostik erfolgen". Eltern sollten sich zudem eine zweite Meinung einholen und mit dem behandelnden Arzt über alternative Therapiemöglichkeiten sprechen.
Laut DAK sind vor allem Jungen betroffen: Sie werden viermal häufiger als Mädchen wegen ADHS behandelt. NRZ