Essen. Die Polizei fahndet nach zwei Schwerverbrechern, die aus einem Aachener Gefängnis ausgebrochen waren und auf der Flucht sind. Die Polizei suchte am Samstag vorwiegend in Essen. Ein Umstand, der die Essener Bürger in Unruhe versetzte.

Am Samstagmittag ist der Kettwiger Leinpfad eine vereinsamte Landschaft. Links die Ruhr, rechts der Wald, dazu dieser nässende Regen; und Wilhelm Meier-Krüger ist mit seinem Hund sehr allein unterwegs. „Heute morgen um sechs, als man den Hubschrauber noch hörte, wäre ich bestimmt nicht hierher gegangen”, sagt der Essener.

Kettwig ist an diesem Morgen aus einem unruhigen Schlaf erwacht. Denn hier hatte die Polizei schon am Freitagabend die flüchtigen Verbrecher Michael Heckhoff (50) und Peter Paul Michalski (46) mit einem Hubschrauber mit Wärmekamera gesucht, hier waren sie zuletzt gesehen worden, hatten sich absetzen lassen von einer jungen Frau, deren Auto sie nachmittags in Köln gekapert hatten. „Als wir abends den Hubschrauber hörten, dachten wir: Ah, die suchen eine vermisste Person, da ist wieder jemand aus dem Altenheim ausgebüxt”, sagt Meier-Krüger – an bewaffnete Schwerkriminellen auf der Flucht dachte zunächst natürlich niemand.

Die Nachricht verbreitet sich wie ein Lauffeuer

Dann jedoch sprach es sich herum, das Lauffeuer sprang vom einen zum nächsten: Kettwig verriegelte Türen, Fenster und Gartenhäuschen und ging im Keller gucken, ob auch alles abgesperrt ist. Die Eltern der Kinderkicker vom FSV organisierten untereinander Abholdienste, um die Jungen schnell heil heimzubringen. Und sie sagen, was Menschen immer sagen, in deren Nähe Unheimliches geschieht: „Dass so etwas hier bei uns . . .” Denn im dörflichen Kettwig ist das letzte schwere Verbrechen, der Mord in der Tuchfabrik, 25 Jahre her, ungefähr; so lange jedenfalls, dass man es nicht mehr genau weiß.

Letzte Spur Essen. Der Samstag ist der Tag, an dem die Polizei durch die Stadt jagt: „Wir bekommen ständig neue Hinweise”, sagt Polizeisprecher Peter Elke – denn zwei Allerweltsgesichter in grauen Regenmänteln sind auf der Flucht. Mal wird eine aufgebrochene Tür gemeldet, mal verdächtige Gestalten oder ein Schuss . . . So geht das den ganzen Tag, in Kettwig und in Katernberg, Bredeney und Altenessen, am Baldeneysee, im Ruthertal, auch in Mülheim – dann wieder Werden.

Der Einsatz dort am Nachmittag ist ziemlich typisch: Ein Anwohner meldet ein eingeschlagenes Fenster an einer leeren Laube, Polizisten riegeln nahezu unsichtbar das Gelände ganz in der Nähe des S-Bahnhofes ab. Dann bringt ein weißer Kleinbus die vermummten Polizisten des SEK, kurz darauf hört man einen Knall. Doch die Laube ist leer. „Wären die da drin gewesen, wäre es wohl nicht bei dem einen Knall geblieben”, sagt ein Polizist. Das SEK muss weiter, zum nächsten verdächtigen Ort. So geht das den ganzen Tag, rund ein dutzend Mal – doch alle Spuren sind kalt oder falsch bis Samstagabend.

Dann meldete die Polizei eine erneute Geiselnahme. Ein Ehepaar aus Essen-Werden wurde überfallen und wieder freigesetzt. Heckhoff und Michalski sind also weiterhin in der Gegend – und die Polizei bleibt ihnen auf den Fersen.