Stockholm. Die US-Wissenschaftler Elinor Ostrom und Oliver E. Williamson erhalten den Nobelpreis 2009 im Bereich Wirtschaft. Ostrom wird geehrt für ihre Forschung zur Regulierung öffentlicher Güter, Williamson für Erkenntnisse zur Rolle privater Firmen bei der Lösung von Interessenkonflikten.
Der Nobelpreis für Wirtschaft 2009 geht an zwei Forscher aus den USA. Elinor Ostrom wird ausgezeichnet für ihre Forschungen zur Verwaltung öffentlicher Güter durch Vereinigungen von Nutzern. Sie teilt sich das Preisgeld von umgerechnet einer Million Euro mit Oliver Williamson. Williamson hat eine Theorie entwickelt, in der private Firmen als Struktur zur Konfliktlösung dienen. "Während der letzten drei Jahrzehnte haben diese bahnbrechenden Beiträge den Bereich der Wirtschaftsregulierung von einem Randgebiet der Forschung in deren Blickpunkt gerückt", heißt es in der Mitteilung der Königlich Schwedischen Akademie der Wissenschaften.
Wirtschaft ist mehr als Märkte
Ökonomisches Handeln spielt sich nicht nur auf Märkten ab, sondern auch innerhalb von Firmen, Vereinigungen, Haushalten und Behörden, heißt es weiter. Während die Stärken und Schwächen des Marktes umfassend untersucht worden seien, habe die Wirtschaftswissenschaft anderen institutionellen Arrangements weniger Aufmerksamkeit gewidmet. Die Forschungen von Ostrom, und von Williamson zeigten, dass die Wirtschaftswissenschaften in der Lage seien, die meisten Formen sozialer Organisation zu erläutern.
Der Nobelpreis
Nach dem Willen seines schwedischen Stifters geht der Nobelpreis an "die Person, die die bedeutendste Entdeckung oder Erfindung" im jeweiligen Fachgebiet gemacht hat. Er wird seit 1901 verliehen in den Bereichen Physik, Chemie, Physiologie oder Medizin, Literatur und Frieden. 1968 etablierte die Schwedische Zentralbank einen Nobelpreis auch für Wirtschaftswissenschaften.
Der Stifter Alfred Nobel (1833-1896) machte sein Vermögen mit der Erfindung des Dynamit und das Industrieimperium, das er auf dieser Grundlage aufbaute. Die Grundlage für den Nobelpreis legte er in seinem Testament.
Zu den Preisträgern gehörten in der Vergangenheit Marie Curie (Chemie und Physik), Joseph E. Stiglitz (Ökonomie) oder Hermann Hesse (Literatur). Mehrere führende Politiker erhielten die Medaille für ihre Bemühungen um den Frieden, darunter der ehemalige UN-Generalsekretär Kofi Annan.
Der Preis ist mit jeweils 10 Millionen schwedischen Kronen dotiert, umgerechnet knapp eine Million Euro.
Elinor Ostrom, die an der Universität von Indiana forscht, hat sich in ihrer Arbeit gegen die konventionelle Lehrmeinung gewandt, wonach Gemeingüter schlecht verwaltet werden und entweder zentral reguliert oder privatisiert werden sollten. Ostrom untersuchte in ihren zahlreichen Studien Fischbestände, Weiden, Wälder, Seen und Grundwasservorkommen.
Ihr Ergnbnis: Wenn diese öffentlichen Güter von Nutzern verwaltet werden, die Ergebnisse in den meisten Fällen besser sind, als die Standardtheorie es vorhersagen würde. Sie beobachtete, dass die Nutzer dieser Ressourcen häufig ausgeklügelte Mechanismen für die Entscheidungsfindung nutzten sowie Regeln zur Lösung von Interessenkonflikten. Zudem beschrieb sie diejenigen Regeln, die ein erfolgreiches Ergebnis fördern.
Vorteile und Nachteile von Märkten und Firmen
Oliver Williamson, der im kalifornischen Berkeley arbeitet, stellt in seinen Forschungen fest, dass Märkte und hierarchische Organisationen wie Firmen alternative Regierungsstrukturen darstellen. Sie unterscheiden sich in ihrer Herangehensweise an Interessenkonflikte.
Der Nachteil von Märkten sei, dass es häufig zu Gezerre und Meinungsverschiedenheiten kommt. Der Nachteil von Firmen sei, dass Autorität, die Konflikte zu lösen vermag, auch missbraucht werden kann. Märkte im freien Wettbewerb funktionierten vergleichsweise gut, weil Käufer und Verkäufer sich andere Handelspartner suchen können, falls sie unzufrieden sind. Wenn allerdings der Wettbewerb eingeschränkt sei, eignen sich Firmen besser zur Konfliktlösung als Märkte.
Forschungen gelten als hochaktuell
Ebenso wie Ostroms Forschungen gelten die des Wirtschafts- und Rechtswissenschaftlers Williamson von der University of California in Berkeley als hochaktuell - in diesem Fall wegen der Diskussionen über die richtige Unternehmensführung inmitten der Wirtschaftskrise. Der am 27. September 1932 in Wisconsin geborene Williamson erforschte vor allem die Strukturen und Abläufe in Großunternehmen und kam zu dem Schluss, dass hierarchische Organisationen - also etwa Firmen - grundlegend anders als Märkte funktionieren
Williamsons Lebenslauf im Internet ist Dutzende Seiten lang: Abgesehen von der Information, dass der fünffache Vater schon vor zwei Jahren Goldene Hochzeit mit seiner Frau Dolores Celeni feiern konnte, ist hier auch eine Auflistung seiner Ehrendoktorwürden an diversen Unis in aller Welt zu lesen. Nicht zu vergessen die Tatsache, dass Williamson im Frühjahr 1991 Gastprofessor an der Universität Saarbrücken war.
Verleihung am 10. Dezember
Zu den Favoriten für den diesjährigen Wirtschaftsnobelpreis gehörten unter anderem die Finanzmarktökonomen Eugene Fama und Robert Shiller. Shiller gehörte zu den wenigen Experten, die vor der Finanzkrise gewarnt hatten.
Im vergangenen Jahr hatte der US-Ökonom Paul Krugman den Nobelpreis als Begründer der Neuen Ökonomischen Geografie erhalten. Letzter deutscher Preisträger war 1994 der Bonner Spieltheoretiker Reinhard Selten.
Die Auszeichnung für Wirtschaft bildet stets den Abschluss der Verkündung der Nobelpreise. Die Ehrung für wirtschaftswissenschaftliche Leistungen gehört nicht zu den klassischen Nobelpreisen. Der Preis war 1968 von der Schwedischen Reichsbank gestiftet worden und wird seit 1969 verliehen. Die Nobelpreise sind umgerechnet mit rund 970 000 Euro dotiert. Die Auszeichnungen werden traditionsgemäß am 10. Dezember, dem Todestag des Preisstifters Alfred Nobel, durch den König Schwedens in Stockholm überreicht.
Mit Material von afp und ddp