Essen. Greta Thunberg spricht von „Polizeigewalt“. Das ist ätzend, weil sie gezielt Ursache und Wirkung vertauscht - um des Marketings willen.

Die Polizisten in und um Lützerath tun mir leid, die Steuerzahler, die diesen Einsatz bezahlen müssen, auch. Wohlstandsverwöhnte sogenannte Klimaaktivisten lassen sich wegtragen, um entsprechende Bilder zu produzieren - und machen die Einsatzkräfte, die Recht und Gesetz durchsetzen und zugleich darauf achten müssen, dass sich die Widerständler nicht verletzen, somit zu Mitteln zum Zweck. Das ist würdelos, das ist beschämend, das macht wütend und lässt mich ohnmächtig zurück.

Die Gewalt geht von den "Aktivisten" aus

Besonders ärgerlich ist das Verhalten von Greta Thunberg, die für das richtige Marketing jeden Anstand vermissen lässt. Ungeniert produziert sie Fakenews, wenn sie, vor Ort eingeschwebt, etwas über „Polizeigewalt“ faselt und die Stimmung so gezielt anheizt. Dabei ist es genau andersherum: Gewalt üben die „Aktivisten“ aus, mindestens passive, einige von ihnen leider auch aktive. Manche bringen sich mutwillig auch selbst in Gefahr, etwa die Tunnelgräber. Statt sie aus ihren Höhlen zu jagen, versorgt die ach so böse Staatsgewalt diese Kriminellen fürsorglich mit Sauerstoff.

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Um nicht missverstanden zu werden: Das ist natürlich ohne Alternative. Die Polizei muss auch jene Protestierenden, die ganz offensichtlich nicht mehr alle Tassen im Schrank haben, vor sich selbst schützen. Aber ich merke ganz deutlich, dass das emotional nur schwer nachzuvollziehen ist, was einem der Verstand da vorgibt.

Lützerath - das Hartz-IV-Erlebnis der Grünen?

Und die Grünen, die Regierungsverantwortung tragen in Berlin und Düsseldorf? Viele Funktionsträger können ihre Sympathien für die Protestierenden kaum verhehlen. Sie ahnen: Lützerath wird für sie das, was Hartz IV für die SPD war. Dabei dachte der brav-bürgerliche Grünenwähler aus den schicken Vorstädten mit eigenem Häuschen und Wärmepumpe, der sich gerade in die Habecks und Baerbocks dieser Welt verlieben wollte, dass die Zeiten endgültig vorbei sind, in denen Grüne das Umlegen von Stommasten romantisieren.

Der Zweck heiligt eben nicht alle Mittel

Unter dem Strich war die Eskalation an diesem Wochenende programmiert. Öko-Promis wie Greta Thunberg und Luisa Neubauer haben mitgezündelt und sind mitverantwortlich für die schrittweise Radikalisierung des Protests. Erst wird das Recht ein bisschen gebrochen, sie nennen es euphemistisch „zivilen Ungehorsam“, dann brechen alle Dämme.

Der Spuk in dem Geisterdorf Lützerath wird enden. Danach ist einiges aufzuarbeiten. Bei allem Verständnis für das berechtigte Anliegen, die Klima-Katastrophe zumindest abzumildern: Der Zweck heiligt nicht alle Mittel, und diese, die wir in und um Lützerath beobachten müssen, ganz sicher nicht.

Auf bald.

Das ist Klartext

Klare Kante, klare Meinung – das ist Klartext, die kommentierende Kolumne von Alexander Marinos, stellvertretender Chefredakteur der WAZ. Hier werden aktuelle politische Themen aufgegriffen und subjektiv-zugespitzt eingeordnet. Dabei handelt es sich um ein Meinungsangebot zum An- oder Ablehnen, An- oder Aufregen.

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