Dortmund. . In einem Bericht des NRW-Innenministeriums zu den Tumulten vor dem Dortmunder Rathaus am Wahlabend kritisiert die Polizei die Gegendemonstranten massiv. Für die Dortmunder Zivilgesellschaft ist das ein zweiter Faustschlag ins Gesicht. Ein Kommentar.

Wer die Internet-Videos zu den Tumulten am Kommunalwahlabend vor dem Dortmunder Rathaus studiert, erlebt die wehrhafte Demokratie in einer ziemlich handfesten Version. Die Menge wogt hin und her, Fäuste fliegen auf beiden Seiten, Täter und Opfer sind nicht trennscharf auszumachen.

Darf man deshalb Anhänger von Parteien wie SPD, Grünen oder Linken, die sich in einer aufgeheizten Situation einem braunen Mob in den Weg gestellt haben, auf amtlichem Papier als „deutlich alkoholisierte Politiker“ bezeichnen? Als Störung der „Amtshandlungen“? Als „bürgerlich/linke Gruppierung“, die irgendwie auch nicht anders ist als die „rechte Gruppierung“?

Faustschlag ins Gesicht der Dortmunder Zivilgesellschaft

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Der Bericht des Innenministeriums zu den Vorkommnissen am 25. Mai ist ein zweiter Faustschlag ins Gesicht der Dortmunder Zivilgesellschaft. Zwölf Seiten Unterrichtung verzerren Ursache und Wirkung. Demokraten, die vorbestrafte Neonazis im Rathaus nicht als Normalfall akzeptieren wollen, verdienen Unterstützung und keine verächtlichen Zeilen. Es dürfen bei aller Unübersichtlichkeit dieses unschönen Wahlabends nicht ausgerechnet jene diffamiert werden, die gegen die Wiedergänger einer menschenverachtenden Ideologie aufstehen.

Selbst wenn im Berichtsdeutsch der örtlichen Polizei einiges verrutscht sein mag, wäre eine korrigierende Bewertung von Innenminister Ralf Jäger zwingend notwendig gewesen. Jäger hat bislang keinen Zweifel gelassen, dass er den Neonazis in NRW „auf die Springerstiefel treten“ will, wie er es einmal martialisch formulierte. Er setzte das Verbot der Kameradschaften durch, deren Auffangbecken die Partei „Die Rechte“ erst wurde. Verharmlosung extremistischer Tendenzen wird man ihm kaum vorwerfen können.

Falsch verstandene Loyalität mit den Dortmunder Polizisten, die vor Ort die Knochen hinhalten mussten, darf jetzt nicht das große Anliegen einer Stadtgesellschaft diskreditieren: Das Rathaus soll nicht zur Bühne für demokratiefeindliche Propaganda werden. Der Innenminister sollte klarstellen, dass dies auch nie Absicht seiner Ordnungshüter war.

Zum Bericht des Innenministeriums