Dass die Streithähne Serbien und Kosovo eine Vereinbarung über gedeihliches Nebeneinander erzielt haben, ist an sich schon ein Fortschritt. Allerdings ist die EU gut beraten, die Aufnahme von Beitrittsverhandlungen nicht schon jetzt verbindlich zuzusagen.

Keine Frage – dass die Streithähne Serbien und Kosovo eine Vereinbarung über gedeihliches Nebeneinander erzielt haben, ist an sich schon ein Fortschritt. Wer verfolgt hat, wie sich beide Seiten seit der kosovarischen Unabhängigkeit 2008 beharken, wird auch der vielgescholtenen EU-Chefdiplomatin Ashton in diesem Fall die Anerkennung nicht versagen. Sie hat in der Endphase der Verhandlungen mehr Kaltblütigkeit bewiesen, als viele ihr zugestraut hatten. Dass die Kommission voll Stolz sogleich für die Kontrahenten die versprochene Belohnung verlangt, ist verständlich. Falsch ist es trotzdem.

Die EU gut beraten, die Aufnahme von Beitrittsverhandlungen mit Belgrad und von Vorbereitungsgesprächen mit Pristina nicht schon jetzt verbindlich zuzusagen, da die Tinte auf dem Deal noch nicht trocken ist. Er ist bislang nicht mehr als eine Chance für die Beteiligten, von der Konfrontation zur Kooperation überzugehen und den nationalistischen Quertreibern in beiden Lagern das Heft des Handels aus der Hand zu nehmen. Ob das gelingt, bleibt abzuwarten.

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Die EU sollte aber nicht nur auf die Konfliktlinie zwischen Serben und Kosovaren starren. Beitrittsreife hängt beileibe nicht nur an der Fähigkeit zu nachbarschaftlichen Beziehungen. Vor allem die Entwicklung zu Demokratie und Rechtsstaat verdient einen kritisch-prüfenden Blick. Zuletzt hat die EU immer wieder den Gesichtspunkt „Man muss Kandidaten ermuntern!“ in den Vordergrund gestellt. Den Fehler sollte sie im Falle Serbien und Kosovo nicht wiederholen. Ermutigung ohne Realismus schafft mehr Probleme, als sie löst.