Die europaweite Razzia gegen die ‘Ndrangheta mag ein Erfolg sein. Sie macht aber auch ein Versagen in Deutschland deutlich.

Als Sebastiano S., seine vier Verwandten und sein Lehrling vor dem Duisburger Lokal „Da Bruno“ am 14. August 2007 im Kugelhagel starben, war das Entsetzen in der Republik groß. Nicht nur wegen der Morde an sich, sondern weil mit ihnen für die deutsche Öffentlichkeit überdeutlich wurde: Die ‘Ndrangheta mag aus Kalabrien stammen, aber sie sitzt eben auch hier, nebenan, mitten unter uns. In Duisburg.

Razzia mit Schwerpunkt in NRW

Wer das verdrängt hat, den hat die europaweite Razzia am Mittwoch daran erinnert, deren Schwerpunkt in NRW lag. Natürlich darf man den Ermittlern gratulieren. Aber auch sie müssen frustriert darüber sein, dass kriminelle Organisationen Deutschland seit Jahrzehnten als sicheren Spielplatz betrachten, um illegal erwirtschaftete Vermögen in Immobilien und Firmen zu investieren. Die Antikorruptionsorganisation Transparency attestiert Deutschland regelmäßig ein „massives Problem mit Geldwäsche“. Ein Befund, der jeder Regierung peinlich sein müsste.

30.000 unbearbeitete Verdachtsfälle

Trotz frisch verabschiedeter Einschränkungen ist der Bargeldverkehr auch bei größeren Geschäften noch zu einfach, und den Nachweis zu erbringen, woher große Summen bei fragwürdiger Herkunft stammen, ist in Italien längst Standard – warum nicht hier? Der Chef der deutschen Anti-Geldwäscheeinheit räumte zuletzt seinen Platz, 30.000 unbearbeitete Verdachtsfälle stapelten sich in der Behörde. Ein beschämendes Zeugnis politischer Verantwortungslosigkeit und ein Beleg dafür, wie man den Kampf verschläft.

Der Bundesfinanzminister verspricht nun neue Strukturen und mehr Personal im Kampf gegen illegale Geldströme. Es darf nicht bei Ansagen bleiben: Nur wer die Geschäfte abwürgt, darf hoffen, dass sich Banden andere Orte suchen.