Essen. Galeria-Manager und Sanierer schieben einmal mehr den Vermietern den Schwarzen Peter zu. Ein Blick in den Spiegel wäre ehrlicher.

Galeria-Chefsanierer Arndt Geiwitz muss ein guter Pokerspieler sein. Nach 2020 hat er zum zweiten Mal Horrorzahlen zu schließender Warenhäuser genannt oder durchsickern lassen, um hier und da die Mieten so sehr zu drücken, dass sich einige doch wieder rechnen. Trotzdem werden erneut um die 40 Häuser schließen. Das Spiel mit dem Schwarzen Peter beherrscht er noch besser: Überall dort, wo der Kaufhof oder Karstadt nicht zu retten sind, liegt das am gierigen Immobilienbesitzer. So zumindest lautet der wenig subtile Subtext seiner Strategie. Doch natürlich ist das Unsinn.

Karstadt-Trauerspiel in der Dauerschleife

Wenn eine Handelskette ständig Staatskredite zieht, trotzdem alle zwei Jahre unter den Schutzschirm des Insolvenzrechts flieht, die Löhne für drei Monate auf die Arbeitsagentur abwälzt und ihre Gläubiger zum Verzicht zwingt, dann stimmt ihr Geschäftsmodell nicht. Ja, die Mieten gerade in den Innenstädten sind enorm und teils überzogen. Doch solange andere Händler, vor allem im Textilgeschäft, sie zahlen können, empfiehlt sich für Galerias Management und Besitzer ein kritischer Blick in den Spiegel. Galeria-Chef Müllenbach verkündete im Herbst 2020, man sei nun schuldenfrei, damit besser aufgestellt als fast alle Konkurrenten und bereit zum Durchstarten. Stattdessen folgten die nächsten Rückschritte, wiederholt sich zwei Jahre später das Trauerspiel um Deutschlands letzten Warenhausriesen.

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Bisher haben die Schutzschirmverfahren vor allem dem österreichischen Immobilienmogul und Galeria-Eigner Rene Benko geholfen. Dieses Mal wird ihm mutmaßlich sogar der deutsche Staat eine dreistellige Millionensumme erlassen, sprich schenken. Von seinen Krediten über 670 Millionen Euro wird der Staat nur einen Bruchteil wiedersehen. Und im Nachhinein heilfroh sein, dem Unternehmen im Herbst nicht wie gefordert die nächste Geldspritze gegeben zu haben. Ob der Staat mit seinem Galeria-Geld den Beschäftigten oder allein Benko Gutes getan hat, müssen die nächsten Monate zeigen. Die hart erarbeiteten Steuergelder sind jedenfalls futsch.

Online-Schwäche fatal in und nach der Pandemie

Und wie immer leiden die Beschäftigten am meisten unter dem ganzen Geschacher, viele sind freiwillig gegangen, weil der ewige Druck sie krank zu machen drohte. Dass Galeria auch nach zig Ankündigungen und Zur-Chefsache-machen-Erklärungen noch immer keinen funktionierenden Onlineshop hat, war in den Pandemie-Jahren fatal und ist es danach genauso. Die Kassiererinnen und Kundenberater in den Filialen können dafür nun wirklich nichts, tragen aber die Folgen. Dass sie auch nach drei Monaten unterm Schutzschirm nicht wissen, ob sie ihren Job behalten oder nicht, ist unzumutbar. Am Ende werden wahrscheinlich die am besten aus diesem Jahrzehnt der Kaufhauskrise herauskommen, deren Filiale von der Konkurrenz übernommen wird.