Essen. Habeck will seine Gasumlage offenbar bald wieder einstampfen und stattdessen Uniper & Co. verstaatlichen. Eine Blamage für ihn – aber richtig so.

Robert Habeck sagt gerne, er sei nicht angetreten, um populäre Entscheidungen zu treffen, sondern die richtigen. Im Falle seiner missglückt konstruierten Gasumlage wäre die populärere Entscheidung allerdings auch die richtige: Die Umlage einzustampfen. Dass die Verstaatlichung großer Gasimporteure inzwischen dem Volk besser zu verkaufen wäre, sagt gleichzeitig eine Menge über den Ausnahmestatus dieser Krise aus.

Whatever it takes

Dass es „alle Macht und Finanzkraft des Staates“ brauche, um diese Gaskrise in den Griff zu bekommen, wie im Regierungsviertel zu hören ist, erinnert an Draghis „whatever it takes“ in der Eurokrise. Und an Steinbrücks und Merkels Versprechen in der Finanzkrise 2008, alle deutschen Bankkonten seien sicher. Derlei Beruhigungs-Kraftvokabular ist überfällig in diesem Energiekrieg, in dem Zehntausende Betriebe und Millionen Menschen in Deutschland echte Existenzsorgen plagen.

https://www.waz.de/wirtschaft/die-gasumlage-wackelt-uniper-verstaatlichung-rueckt-naeher-id236475557.htmlNun läuft es darauf hinaus, dass der Staat die großen Gasimporteure übernimmt und ihre Verluste mit Steuermitteln auffängt. Das ist sozial gerechter, als nur die Gaskunden zahlen zu lassen. Aber auch das ist für die Bevölkerung an sich keine gute Nachricht: Sie kauft mit ihren Steuern Konzerne, die aktuell Fässern ohne Boden gleichen. Und der Gaspreis wird auch ohne die Umlage weiter steigen, nur nicht ganz so stark.

Sparanreiz wird zum zynischen Argument

Das Hauptargument für die Gasumlage war, dass höhere Preise zum Sparen anreizen. Als Habeck das im Frühsommer sagte, stimmte das auch noch. Doch angesichts der Preislawine, die nun auf die Haushalte und Betriebe zurollt, gerät allein das Wort „Sparanreiz“ zum blanken Zynismus. Die Betriebe und die Menschen, die aufs Geld achten müssen, werden aus reinem Überlebenstrieb sparen, wo sie können.

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Russlands Energiekrieg trifft jede Bürgerin und jeden Bürger, fast jedes Unternehmen und den gesamten Staat so hart wie keine Wirtschaftskrise nach dem Zweiten Weltkrieg. Die Menschen und die deutsche Volkswirtschaft werden massiv an Wohlstand verlieren, weil unser Geld, das wir für alternative, teurere Energiequellen ausgeben müssen, überwiegend ins Ausland fließt. Das kann die Politik nicht mehr ändern, sondern die Lasten nur noch so gerecht wie möglich verteilen. Nichts anderes als eine soziale Umverteilung wäre auch ein steuerfinanzierter Gaspreisdeckel, der mit verstaatlichten Gasversorgern leichter umzusetzen wäre.

Unabhängig davon wäre es richtig, die Gasumlage schnellstmöglich wieder einzustampfen. Habeck erntet für sein Hin und Her nun zurecht Hohn und Spott. Nicht beizudrehen, wäre aber für alle die schlechtere Variante gewesen.