Essen. Die vielen Kirchenaustritte werden nicht nur für beide großen Konfessionen zum Problem. Auf die Folgen muss sich die Gesellschaft einstellen.
Immer mehr Menschen wenden sich von den beiden großen Kirchen ab. Dieser gesellschaftliche Trend ist nicht neu, er trifft auch andere traditionelle Institutionen: Gewerkschaften, politische Parteien, Vereine. Sie alle verlieren mit wenigen Ausnahmen zunehmend an Bindungskraft. Bei den beiden großen Kirchen kommt ein weiteres Problem hinzu. Für beide Konfessionen beginnen sich die Vorteile des lange Zeit sehr komfortablen Systems der deutschen Kirchensteuer gerade ins Gegenteil umzukehren. Während man in den allermeisten christlich geprägten Ländern – einmal getauft – gar nicht aus der Kirche austreten kann, ist man in Deutschland als Katholik oder Protestant quasi ein Vereinsmitglied mit Beitragspflicht.
Die Substanz leidet
Von diesen „Beiträgen“ lebten und leben die großen Kirchen bisher ganz gut. Doch die Austritte zunehmend auch junger Leute mit guten Einkommen untergraben das System in der Substanz. Sollte der Trend anhalten, und es sieht nicht danach aus, als würde er sich ändern, werden beide großen Kirchen künftig deutlich weniger Gewicht in die Waagschale werfen können. Darauf müssen sich nicht nur die Kirchen einstellen, sondern wir alle. Ob Kirchenmitglied oder nicht.