Die Corona-Krise bringt Thyssenkrupp in Bedrängnis. Umso wichtiger ist, dass klar wird, wohin Vorstandschefin Merz den Konzern steuern will.

Frisst die Corona-Krise die Zukunft von Thyssenkrupp auf? Wer gehofft hatte, der in Aussicht stehende Erlös von mehr als 17 Milliarden Euro aus dem Verkauf des Aufzuggeschäfts könne Thyssenkrupp stabilisieren, wurde eines Besseren belehrt. Auch nach dem Notverkauf ist die Not groß.

Von einem „Tip-Top-Deal“ sprach Vorstandschefin Martina Merz Ende Februar, als sie die historische Elevator-Transaktion verkündete, mit der mehr als 50.000 Beschäftigte Thyssenkrupp verlassen werden. Ihr Plan war es, den angeschlagenen Essener Industriekonzern so weit wie nötig zu entschulden und zugleich in erfolgversprechende Geschäfte zu investieren.

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Mit einem großen Schiff, das in zu flache Wasser geraten sei, verglich die neue Konzernlenkerin das Unternehmen. Über die Jahre habe es verschiedene Versuche gegeben, das Schiff zu wenden und wieder in tiefere Gewässer zu steuern – vergeblich: Das flache Wasser habe keine wesentlichen Richtungsänderungen zugelassen, Thyssenkrupp sei zunehmend manövrierunfähig geworden. Doch mit den Erlösen aus dem Verkauf der Aufzugsparte sollte es für die Firma erst einmal ausreichend Wasser unterm Kiel geben – so lautete zumindest die Idee.

Wo ist die Perspektive für Investoren und Beschäftigte?

Und nun? Mit der Milliardensumme aus dem Verkauf der Sparte Elevator wollte Martina Merz die Voraussetzung schaffen, Thyssenkrupp erfolgreich zu machen. Doch mit der Corona-Krise verändern sich die Voraussetzungen für den angestrebten Neustart grundlegend. Plötzlich stellen sich neue, drängende Fragen: Was bleibt übrig von den Milliarden aus dem Verkauf des Aufzuggeschäfts? Fließt zu viel Geld ab, bevor Thyssenkrupp die Kurve bekommt und wieder Gewinne erwirtschaftet? Kann das Unternehmen den Umbau insbesondere der kapitalintensiven Stahlsparte alleine schaffen? Ist das Geschäftsmodell von Thyssenkrupp tragfähig, selbst wenn die Corona-Krise noch lange andauert? Und vor allem: Wo ist die Perspektive, die Investoren überzeugt und den Beschäftigten gute Arbeit beschert?

Wenn sich die Aufsichtsratsmitglieder von Thyssenkrupp am kommenden Montag versammeln, gleicht ihre Zusammenkunft einem Krisentreffen. Ausgerechnet das Stahlgeschäft, der künftige Kern des Konzerns, liegt am Boden. Es ist besorgniserregend, dass der stolze Traditionskonzern an der Börse weniger als 2,6 Milliarden Euro wert ist, obwohl bald rund 17 Milliarden Euro in die Kasse kommen sollen.

Der Druck ist ungleich größer als vor der Corona-Krise

Im Kern bleibt zwar die Aufgabe bestehen, die der Vorstand um Konzernchefin Merz lösen muss: Die Geschäftsbereiche von Thyssenkrupp müssen aus sich heraus im Wettbewerb bestehen können. Und doch ist der Druck nun ungleich größer als vor der Corona-Krise. Je länger der Zustand anhält, dass Thyssenkrupp mehr Geld ausgibt als einnimmt, desto brenzliger wird die Lage.

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Selbstverständlich muss der Thyssenkrupp-Vorstand den Konzern nun schnell und konsequent sanieren. Klar muss aber auch werden, wohin das Unternehmen steuert, was Thyssenkrupp also in Zukunft ausmacht. Kann sich der Konzern etwa als Hersteller von klimafreundlichem Stahl neu erfinden? Für den Wiederaufbau von Deutschlands Wirtschaft muss das Management schon jetzt, mitten in der Corona-Krise, eine schlüssige Strategie entwerfen.